Tourismus Mecklenburg-Vorpommern: Trotz Übernachtungsplus sinkt Zufriedenheit in der Branche
Die Zufriedenheit in der Tourismusbranche Mecklenburg-Vorpommerns hat laut einer Umfrage des Landestourismusverbandes im ersten Halbjahr 2024 merklich abgenommen. Die Befragung von über 300 Betrieben habe gezeigt, dass erstmals mehr Gastgebende unzufrieden als zufrieden mit dem Saisonverlauf waren. Hauptgründe dafür seien sinkende Erträge und Gästezahlen, die man sich durch eine gestiegene Preissensibilität und die verstärkte Konkurrenz aus dem Ausland erkläre.
An der Umfrage nahmen Beherbergungsbetriebe, gastronomische Einrichtungen, Freizeit- und Erlebnisanbieter sowie Tourist-Informationen und Kurverwaltungen teil. Demnach sind 42 Prozent der Betriebe (sehr) unzufrieden mit dem Verlauf der Hauptsaison, im Vorjahr waren es noch 33 Prozent. Zufrieden zeigten sich nur 37 Prozent der Befragten. Ein ähnliches Bild zeigte sich für das erste Halbjahr: 41 Prozent sind (sehr) unzufrieden, während lediglich 36 Prozent (sehr) zufrieden sind.
Gesunkene Erträge und Gästezahlen belasten
66 Prozent der Betriebe gaben gesunkene Erträge und 61 Prozent sinkende Gästezahlen als Hauptgründe für ihre Unzufriedenheit an. Als wesentliche Ursachen für den Nachfragerückgang nannten die Unternehmen die gestiegene Preissensibilität der Gäste (90 Prozent), die Konkurrenz durch ausländische Reiseziele (55 Prozent) und die ungenügende Angebotsqualität (18 Prozent). Weitere Faktoren seien unter anderem das Wetter, die hohen Preise, die schlechte Infrastruktur und das verschlechterte Image des Urlaubslandes.
Positive Übernachtungszahlen laut Statistik
Trotz der Unzufriedenheit zeigen die Halbjahreszahlen des Statistischen Amtes eine positive Entwicklung: Bis Juni wurden 3,4 Millionen Ankünfte (+4,0 Prozent) und 13,1 Millionen Übernachtungen (+2,4 Prozent) in Mecklenburg-Vorpommern verzeichnet. Damit liegt das Land leicht über dem bundesweiten Trend (+2,2 Prozent).
Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Infrastruktur, Tourismus und Arbeit Mecklenburg-Vorpommern sagte dazu: „Das vergangene Jahr war das zweitbeste Reisejahr in der Geschichte unseres Bundeslandes. Der Trend setzt sich auch im ersten Halbjahr 2024 fort. Allerdings führt die allgemeine wirtschaftliche Lage dazu, dass Buchungen immer kurzfristiger erfolgen und den Tourismus im Land vor Herausforderungen stellen. Hinzu kommt ein Preis-Leistungs-Verhältnis, das zunehmend kritisch gesehen wird. Deshalb benötigt der Tourismus in Mecklenburg-Vorpommern neuen Schwung, mit Investitionen in Infrastruktur und neue Angebote mit mehr Qualität in Service und Produkten. Leuchttürme wie der Skywalk am Königsstuhl, die Welterbestätten in Wismar, Stralsund und Schwerin, Erlebnisorte wie das Müritzeum und das Ozeaneum schaffen Emotionen und ein positives Bild unseres Tourismuslandes. Das wollen wir konzeptionell mit einem Tourismusgesetz und der Weiterentwicklung der Tourismuskonzeption für unser Land stärken.“
Birgit Hesse, Präsidentin des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, ergänzte: „Dieser Sommer war gespickt mit zahlreichen Höhepunkten und auch längeren Gut-Wetter-Perioden, was in den Sommerferien zwischen Ende Juni und Ende August mehr als vier Millionen Übernachtungsgäste nach Mecklenburg-Vorpommern lockte. Der neue UNESCO-Welterbestatus für Schwerin wird langfristig auch international noch mehr Nachfrage hervorbringen. Mit dem Tag der Deutschen Einheit, auf dem sich auch der Tourismusverband eindrücklich präsentiert – mit einer 360-Grad-Urlaubsreise, einer so genannten Himmelsliege, dem Netzwerk Naturerlebniszentren sowie einem Hologramm des Jubilars Caspar David Friedrich – , birgt darüber hinaus auch der Herbst noch Chancen, viele Menschen für einen Urlaub in Mecklenburg-Vorpommern zu begeistern. Dazu soll auch eine verstärkte Herbstkampagne des Landestourismusverbandes beitragen. Zugleich müssen wir genau hinhören, wenn von Gästen und aus der Branche Signale größerer Unzufriedenheit kommen. Wenn wir die Ursachen erkennen und gemeinsam nach Lösungen suchen, haben wir gute Chancen, auch in schwierigeren Zeiten erfolgreich zu sein.“
Tobias Woitendorf, Tourismusbeauftragter des Landes und Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, sagte: „Auch wenn es in der Summe stimmen mag, ist das individuelle Empfinden bei mehr und mehr Unternehmen eingetrübt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Unter anderem die wachsende Konkurrenz, auch die Auslandsreiseziele, das beständige Krisenumfeld, der preisbedingte Druck auf der Ertragslage oder die unzureichende Erreichbarkeit bilden ungünstige Rahmenbedingungen. Umso höher ist die Leistung vieler Akteure in der Branche einzuschätzen, die einen guten und erfolgreichen Job machen. Es wird immer wichtiger, konsequent und konzentriert auf Qualität, Nachhaltigkeit und Internationalität zu setzen, denn das werden die Wachstumsbeschleuniger der nächsten Jahre sein. Um unmittelbar Impulse für die Nachfrage zu setzen, verstärkt der Tourismusverband seine Herbstkampagne in diesem Jahr erheblich, um noch mehr Menschen in noch mehr Städten und Regionen zu einem Besuch in Mecklenburg-Vorpommern anzuregen.“
Wirtschaftliche Lage etwa auf Vorjahresniveau
46 Prozent der touristischen Betriebe (vgl.: 2023: 49 Prozent) schätzten die aktuelle wirtschaftliche Lage als (sehr) sicher ein, 41 Prozent (vgl.: 2023: 37 Prozent) verhielten sich neutral; als wirtschaftlich (sehr) gefährdet schätzten sich zwölf Prozent (vgl.: 2023: 13 Prozent) der Befragten ein.
Gästezufriedenheit laut Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen
Ungeachtet der Unzufriedenheit bei den Gastgebenden sei die Gästezufriedenheit nach Einschätzung dieser weiterhin hoch: In der aktuellen Saison schätzen 72 Prozent der Betriebe die Gästezufriedenheit als (sehr) hoch ein. Sie ist damit zum Vorjahr (66 Prozent) gestiegen. 20 Prozent verhielten sich bei der Frage neutral; acht Prozent gaben an, dass nach ihren Einschätzungen die Gästezufriedenheit (sehr) niedrig ist.
UNESCO-Status für Schweriner Residenzensemble: Mehrheit sieht positive Auswirkungen
Auf die Frage, wie sich der neue Welterbestatus von Schwerin auswirken würde, antworteten 60 Prozent, dass er den lokalen Tourismus in Schwerin befördert; 18 Prozent sehen positive Auswirkungen auf die Region Westmecklenburg, 13 Prozent sehen positive Effekte für ganz Mecklenburg-Vorpommern. Zudem sagten 34 Prozent, dass dieser Titel den Tagestourismus, 12 Prozent, dass es den Übernachtungstourismus und 24 Prozent, dass es den internationalen Tourismus positiv beeinflussen wird. Nur knapp jeder fünfte Befragte (18 Prozent) sehe keine Auswirkungen infolge der Auszeichnung; 13 Prozent können es nicht einschätzen.
Dazu sagte Joachim Brenncke, Vorsitzender des Fördervereins „Welterbe Schwerin“: „Die regionale Wirtschaft – die Tourismusbranche – durch den Welterbetitel für das ‚Residenzensemble Schwerin‘ zu stärken, ist sicherlich ein positiver Aspekt der jetzt gestiegenen Öffentlichkeitsaufmerksamkeit. Worum es jetzt aber intensiv geht – gehen muss – ist eine Willkommenskultur, was zum Beispiel heißt, Gastronomie- und Hotellerieangebote so zu entwickeln, dass diese internationalen Standards entsprechen. Das muss ein Anliegen aller Beteiligten, der gesamten Stadtgesellschaft, sein.“
Arbeitskräftemangel bleibt größte Herausforderung
Der Arbeitskräftemangel stelle weiterhin eine erhebliche Herausforderung dar. 42 Prozent der Betriebe seien davon betroffen, und der Anteil unbesetzter Stellen sei im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Insbesondere fehlen Aushilfskräfte, was vor allem Kleinstunternehmen vor große Probleme stelle. Um dem entgegenzuwirken, fordern die Betriebe unter anderem den Abbau von Bürokratie, die Schaffung bezahlbaren Wohnraums und Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Landes für Arbeitskräfte.
„Die größte Herausforderung der Branche ist fraglos der große Mangel an Fachkräften, aber auch an ungelernten Beschäftigten. Wir unterstützen das Gastgewerbe dabei, attraktive Arbeitsbedingungen für in- und ausländische Arbeitskräfte zu bieten. Dazu gehört es für mich auch, dass die Tarifbindung steigt und insbesondere im Gastgewerbe mehr Menschen von Tarifverträgen und fairen Löhnen profitieren“, sagte Minister Reinhard Meyer.
Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie: Zwei Drittel der Unternehmen haben Angebot angepasst
Insgesamt habe die Mehrwertsteuererhöhung in der Gastronomie die erwartbaren negativen Auswirkungen auf den Umsatz der Betriebe (61 Prozent gaben dies an), auf den Ertrag der Betriebe (76 Prozent) sowie auf die Gästezahlen insgesamt (60 Prozent) gehabt. Rund zwei Drittel der Unternehmen (64 Prozent) mit gastronomischem Angeboten haben dieses aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung angepasst. Davon haben 75 Prozent die Preise erhöht, 30 Prozent haben die Anzahl und die Qualität der Speisen angepasst, sechs Prozent haben die Öffnungszeiten verkürzt und vier Prozent mussten laut der Umfrage Mitarbeitende entlassen.
Herbstkampagne „Rauszeit in MV“ soll Nachfrage stärken
Um die Nachfrage im Herbst zu beleben, verstärke der Landestourismusverband seine Herbstkampagne unter dem Titel „Rauszeit in MV“ mit zusätzlichen 150.000 Euro. Die Kampagne ziele darauf ab, vor allem in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern potenzielle Gäste zu erreichen.
Landestourismusverband mit vier Beiträgen auf dem Tag der Deutschen Einheit
Der Landestourismusverband engagiert sich darüber hinaus mit einem Cube, in dem Gäste eine virtuelle 360-Grad-Urlaubsreise durch Mecklenburg-Vorpommern unternehmen können, einer so genannten Himmelsliege, auf der Interessierte Urlaubsinspirationen für Ostseeküste und Seenplatte genießen, sowie dem Netzwerk Naturerlebniszentren, das auf die Naturwunder im Nordosten aufmerksam machen will. Mit von der Partie auf der Einheitsparty in Schwerin ist zudem der Jubilar Caspar David Friedrich in Form eines Hologramms.
Weitere Informationen: Gesamtauswertung Branchenumfrage
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