ÖHV-Hotelierkongress 2014: Studie zeigt Effekte von Investitionen
Top-Thema beim ÖHV-Hotelierkongress von 13. bis 15. Jänner in Wels waren Investitionen in der Hotellerie. Der Verband fordert mehr Unterstützung und verweist auf neue Studienergebnisse. Der deutsche Markt gilt weiterhin als Sorgenkind.
Die positiven Auswirkungen von Investitionen auf die Gesamtwirtschaft soll eine Studie im Auftrag der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV) zeigen, die Univ.-Prof. Dr. Christian Keuschnigg, Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), vor 500 Hoteliers, Touristikern, Politikern und Journalisten vorstellte.
Im Vorjahr habe demnach die Zahl der Arbeitsplätze im Tourismus um 4.000 zugenommen, gegen den Trend in der Gesamtwirtschaft, stärker als in allen anderen Branchen. Die Tourismushochburgen Wien, Salzburg, Tirol und Vorarlberg verzeichneten die höchste Wertschöpfung pro Kopf. 2012 erwirtschafteten Österreichs Dienstleister 69,8 % des BIP, produzierende Betriebe 28,6 %.
"Österreich ist ein Dienstleistungsstandort, und zwar ein guter. Wir könnten aber viel besser sein. Die Standortpolitik und vor allem die Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik müsste das stärker abbilden. Die Gesamtwirtschaft würde viel stärker vom Tourismus profitieren, wenn wir Wertschöpfung vor Ort forcieren", glauben die ÖHV-Präsidenten Michaela Reitterer und Mag. Gregor Hoch. Doch derzeit fokussiere die Standortpolitik vielmehr auf das Abschwächen von Schwächen als auf den Ausbau von Stärken.
IHS-Prognose: Aufschwung stützt Tourismusnachfrage
Das IHS sehe die Nächtigungen in Österreichs Hotels 2014 und 2015 um 2,5 % bzw. 1,7 % steigen. Überdurchschnittlich nähmen die Gästenächtigungen aus Österreich zu mit Steigerungen um 3,2 % bzw. 2,9 %. "Welche Region davon am stärksten profitiert, werden sich Landestourismusorganisationen und Destinationen untereinander ausmachen. Da sind Engagement und Professionalität gefragt", so Reitterer. Der wichtigste Effekt wäre die erste Auslastungssteigerung seit Ausbruch der Krise, die nicht zulasten der Preise gehe.
Ein Knackpunkt könne die Nachfrage auf dem deutschen Markt sein. "Da müssen wir einem möglichen Rückgang effektiv etwas entgegensetzen, so wie die gelungene Nahmarktkampagne von Österreich Werbung und Landestourismusorganisationen im Jahr 2009", setzt Reitterer auf die Kraft der Werbung. Die Regierung habe angekündigt, das Budget der Österreich Werbung zu erhöhen. "Wer die Nachfrage forciert, bekommt mehr heraus. Da unterscheiden wir uns nicht von anderen Exportbranchen", erinnert sie an die massive Stützung der Industrienachfrage durch höhere Förderungen für Güterexporte, F&E und Kurzarbeit auf Steuerzahlerkosten.
808 Mio. Wertschöpfung, 7.007 Vollzeitäquivalente, 227 Mio. Steuern
Erstmals beziffert würden in der Studie die Auswirkungen der Investitionen der Beherbergungsbetriebe. 2011 investierten sie 693 Mio. Euro. Das löste demnach eine Bruttowertschöpfung von 808 Mio. Euro aus. Die daraus resultierenden Beschäftigungseffekte beziffert das IHS mit 7.007 Vollzeitäquivalenten, die Steuereinnahmen mit 227 Mio. Euro. Besonders positiv sei der Streueffekt: Die Wertschöpfung aus dem Tourismus werde zu 60 % in anderen Branchen realisiert. Zum Vergleich: Förderungen der Land- und Forstwirte wirkten sich zu 50 % auf andere Branchen aus, die der Energiewirtschaft nur zu 40 %.
Steuern senken, Abschreibungsdauer verkürzen
Laut Österreichischer Hotel- und Tourismusbank (ÖHT) blieben 94 % der Wertschöpfung aus der Investitionstätigkeit der Tourismuswirtschaft im Inland. Umso bedauerlicher sei der Investitionsrückgang der Hotellerie um 30 % im Vorjahr: Das könne sich Österreich in der Krise nicht leisten. "Dagegen hätte mehr unternommen werden müssen", fordert Hoch effektive Maßnahmen wie gezielte Steuersenkungen für investitionsintensive lokale Dienstleister und kürzere Abschreibungsdauern.
1 Mio. Euro mehr Tourismusförderung = 1,16 Mio. Euro Steuereinnahmen
Die IHS-Studie zeige, wie sehr sich Förderungen im Tourismus auszahlten: Jede zusätzliche Million Tourismusförderung bringe 1,16 Mio. Euro mehr Steuern, 2,6 Mio. Euro mehr Wertschöpfung und 36 Vollzeitarbeitsplätze. Damit bekomme die öffentliche Hand aus dem Tourismus weit mehr Geld zurück, als sie sie bei den Förderungen ausgebe.
"Neue Betten ohne Konzept in die Gegend zu stellen bringt weniger, Förderungen, die die Auslastung erhöhen und auf mehr Return on Investment abzielen, umso mehr. Richtige Investitionen gehen in die Tourismuswerbung und die Qualitätssteigerung. Mit gezielter Förderung könnten wir diesen positiven Effekt der Tourismusförderung noch weiter steigern", schlägt Hoch vor.
Umdenken gefordert: Wachstum fördern, nicht Mitarbeiterabbau
Die Prognose und die Analyse des IHS stellten alles andere als ein Ruhekissen dar: "Die positiven Seiten des Tourismus sind den meisten Österreichern bewusst, in der Realpolitik kommen sie aber noch zu wenig an", erklären Hoch und Reitterer und fordern eine Standortpolitik der Stärke: "Setzen wir die Hebel dort an, wo wir am meisten bewegen. Wir brauchen eine aktive Steuerpolitik, die das Optimum aus unserer Leistung holt und nicht das Maximum aus unserer Kasse! Fördern wir die Wachstumsbranchen, hochqualitative Dienstleister, die Mitarbeiter einstellen und investieren! Da liegt die Zukunft." Das neue Denken heiße Dienstleistungsexporte ankurbeln, Lohnnebenkosten senken, Abschreibungsdauer an Nutzung anpassen.
Erfolgsgarant Qualität
Die Investitionstätigkeit der Hotellerie wirke sich massiv und äußerst positiv auf andere Branchen aus und belebe ganze Regionen. Doch nicht zuletzt seien sie für die Betriebe selbst von höchster Bedeutung. Schließlich basiere die Erfolgsgeschichte der heimischen Hotellerie auf der hohen Angebotsqualität, die Gäste aus aller Welt anziehe. Nur so könnten die Tourismusexporte Jahr für Jahr den negativen Saldo der Güterproduktion ausgleichen.
Arbeitslosenstatistik: täuschende Optik, verheerender Eindruck
In nur zehn Jahren sei die Zahl der Arbeitsplätze im Tourismus um mehr als 25 % angestiegen, in der Gesamtwirtschaft um 10 %. Die Beschäftigung steige massiv, die Arbeitslosigkeit sei nicht höher als in anderen Branchen. Der gegenteilige Eindruck beruhe auf einer verfälschenden Darstellung in der Statistik: Viele ehemalige Mitarbeiter anderer Branchen wollten im Tourismus Fuß fassen, was nicht allen gelinge. Diese würden statistisch als "Tourismus-Arbeitslose" erfasst. Das hinterlasse einen völlig falschen Eindruck der Branche, die vielen Menschen nach ihrer Entlassung eine neue Chance biete.
Der Kongress
Wels profitierte vom ÖHV-Hotelierkongress 2014 mit 1.500 zusätzlichen Nächtigungen und 400.000 Euro Mehreinnahmen. Erstmals habe die ÖHV den Kongress als Green Event durchgeführt, ein Grund warum die Stadt Wels als Veranstaltungsort zum Zug gekommen sei. Als erste Stadt in Österreich seien in Wels alle Seminarhotels mit dem österreichischen Umweltzeichen zertifiziert.
Grafiken: ÖHV