Klimaschutz: Alpenverein setzt sich für Mobilitätswende im Bergsport ein
„Bergsport ist Motorsport“ ist ein geläufiger Slogan unter Bergsportlern. An dieser überspitzten Formulierung ist etwas Wahres dran – um zu den Skitouren, Alpinklettereien und Wanderwegen zu kommen, fahren die meisten Bergsportler mit dem eigenen Auto. Wenn die im österreichischen Regierungsprogramm verankerte Klimaneutralität bis 2040 erreicht werden soll, braucht es im Freizeitbereich jedoch eine konsequente und naturverträgliche Mobilitätswende.
Die Zahlen sprächen für sich: 87% der Bergsportler reisen primär mit dem eigenen PWK in die Bergwelt – lediglich 33% nutzten dafür manchmal die öffentlichen Verkehresmittel[1]. Die mittlere Distanz für An- und Abreise betrage bei Tagestouren 144 km, ein Bergsportler emittiere durchschnittlich 537,9 kg CO2 pro Jahr – 82,5% dieser Emissionen entstammten der An- und Abreise mit dem PKW[2]. Im Hinblick auf Klimaschutzaspekte ist bei Bergtouren die Wahl des Verkehrsmittels somit der ausschlaggebende Faktor.
Gewohnheiten hinterfragen
Die Gründe dafür seien nachvollziehbar: Fahrdauer und Bequemlichkeit, der Transport von oft schwerem und sperrigem Gepäck wie Skier sowie fehlende Verbindungen zu den Ausgangspunkten, welche oft fernab der Verkehrsknoten liegen. Und dennoch: „Vor dem Hintergrund des Klimaschutzes gilt es für uns alle, eigene Gewohnheiten zu hinterfragen. Denn jede*r kann und muss einen Beitrag zu dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung leisten“, sagt Clemens Matt, Generalsekretär des Österreichischen Alpenvereins.
Und weiter: „Insgesamt wird eine ambitionierte jährliche Reduktion der CO2-Emissionen notwendig sein. Die Abgeordneten im Umweltausschuss sind nun gefordert, an einem gemeinsamen Gesetzesantrag zu arbeiten, der auch eine durchdachte Mobilitätswende beinhaltet und die weiteren Rahmenbedingungen für mutigen Klimaschutz in Österreich schafft.“ Am 13.01.2021 finde die zweite Umweltausschusssitzung zum Klimavolksbegehren statt, eine flächendeckende Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität sei eine der zentralen Forderungen, welche auch vom Alpenverein unterstützt werde.
Der Österreichische Alpenverein fördert natur- und umweltfreundliche Formen des Tourismus und verschiedener Freizeitaktivitäten. Der respektvolle Umgang mit den Ressourcen sei bereits im Grundsatzprogramm „Natur-, Landschafts- und Umweltschutz, nachhaltige Entwicklung und umweltverträglicher Bergsport“ von 2013 verankert worden. Im Alpenverein werden demnach mehrere Projekte umgesetzt, die einen Wechsel auf kunden- und umweltfreundliche Mobilitätsmodelle erleichtern sollen. Im Rahmen der weit bekannten Initiative „Sanfte Mobilität für Freizeit und Tourismus“ erarbeiteten Sektionen seit 2009 eigenständige Tourenangebote mit Informationen zur öffentlichen An- und Abreise. Die kostenfreien Publikationen dazu wurden bereits mit mehreren Umweltpreisen ausgezeichnet. Auch die Initiative „Mit Bus und Bahn zu Alpenvereinshütten“ wurde gut angenommen, gleich dem „Mobilitätsguide Sportklettern[3]“, der es ermögliche, bequem und öffentlich zu Sportklettergärten anzureisen.
Die "letzte Meile" als Herausforderung
Die größte Herausforderung aber bleibe die berühmte „letzte Meile“ zum Ausgangspunkt. Derzeit funktioniere das dort gut, wo die Mobilitätsinitiativen von den Tourismusverbänden finanziell unterstützt würden, aber: „Wir brauchen den Mut, öffentliches Geld für den Nahverkehr in die Hand zu nehmen, meint Liliana Dagostin, Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz beim Österreichischen Alpenverein. „Es gibt kein Kuchenrezept, das für alle Regionen funktioniert, aber es gibt gute Beispiele, die man übernehmen kann.“ Eines davon sei der Skitourenbus[4] in der Schweiz, der in Kooperation mit dem Schweizer Alpen-Club (SAC) initiiert wurde.
Gemäß seines Grundsatzprogrammes zum naturverträglichen Bergsport hat sich der Alpenverein dazu verpflichtet, im eigenen Wirkungskreis sowie darüber hinaus sinnvolle Projekte im Klimaschutz zu fördern und konkrete Maßnahmen zu setzten. Ein Schwerpunkt liege in den Bereichen sanfter Tourismus und Mobilität. „Um die angestrebte Klimaneutralität 2040 zu erreichen brauchen wir für Österreich ein verbindliches CO2-Budget und einen klaren Reduktionsplan“, fordert Liliana Dagostin.
Emissionsfreie Mobilität brauche viele Lösungen: den Ausbau und die Vergünstigung des öffentlichen Verkehrs, klimafreundliche Fortbewegungsmittel und leistbare Alternativen für alle Regionen sowie die Bereitschaft, sein eigenes Verhalten zu überdenken und anzupassen. Klimafreundliche Fortbewegungsmittel müssten zur ersten logischen Wahl für alle werden, d.h. mit leistbaren Preisen und in dichten Intervallen. Dort, wo kein Zug oder Bus hinkomme, müsse es andere bedarfsorientierte Lösungen geben: Carsharing, Rufbusse, oder auch Rad oder E-Bikes für die letzten Kilometer zum Ausgangspunkt. Es müsse schlussendlich allen Bergsportlern möglich gemacht werden, klimafreundlich unterwegs zu sein. Oder sich eben manchmal im Verzicht zu üben.
Ein Überblick über die Mobilitätsinitiativen des Alpenvereins: https://bit.ly/av-mobilitaet
Bild: Alpenverein/Norbert Freudenthaler