Deutungs- und Meinungschaos nach Bettensteuer-Urteil

am . Veröffentlicht in Politik & Recht

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur Zulässigkeit und Regelung der Bettensteuer in deutschen Kommunen hat widersprüchliche Reaktionen ausgelöst. Eines scheint klar zu sein: Das Urteil hat es nicht einfacher gemacht für die Kommunen.

Dr. Stephan Articus, Hauptgeschäftsführers des Deutschen Städtetages,betonte die Zulässigkeit der Übernachtungssteuern: „Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass eine sogenannte kommunale Übernachtungssteuer grundsätzlich rechtmäßig ist. Das bewerten wir positiv. Allerdings hat das Gericht auch entschieden, dass Städte Steuern nur auf privat veranlasste entgeltliche Übernachtungen erheben dürfen, nicht aber auf solche, die beruflich erforderlich sind. Nach diesem Urteil werden in vielen Städten nun die entsprechenden Satzungen angepasst werden müssen. Im Ergebnis werden die Einnahmen voraussichtlich geringer ausfallen als erwartet.“

Der Deutsche ReiseVerband (DRV) begrüßt die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, die sogenannte Bettensteuer in Teilen für verfassungswidrig zu erklären. „Das ist eine grundsätzlich richtungsweisende Entscheidung und gute Nachricht für den Deutschlandtourismus“, hebt Martin Katz, Vorsitzender des Ausschusses Deutschlandtourismus im DRV, hervor. „Jetzt müssen aber alle Kommunalverantwortlichen diesen Unsinn komplett streichen“, so Katz, „damit es keine ungleiche Behandlung von Geschäfts- und Privatreisen sowie keinen ‚Strafzoll‘ für Urlauber gibt.“ Katz appelliert an die Städte, ganz auf die Bettensteuer zu verzichten – egal ob die Hotelgäste dienstlich oder privat dort übernachten. „Alles andere verwirrt und verkompliziert die Abrechungsprozesse und macht Urlauber zu Gästen zweiter Klasse“, so Katz.

Die teilweise recht kurzfristige Einführung der Bettensteuer für einzelne Städte bereite insbesondere Reiseveranstaltern Schwierigkeiten. „Eine wirtschaftliche Preiskalkulation von Reisepaketen ist unmöglich, da die Kataloge bereits seit Monaten gedruckt sind. Die Veranstalter bleiben also auf den Extrakosten sitzen“, verdeutlicht Katz das Dilemma. Die oft kurzfristig eingeführte Abgabe erschwere die Kalkulation der Reiseanbieter und belaste ihr Budget ebenso wie die Urlaubskasse der Reisenden – daher gehört sie abgeschafft“, fordert der DRV-Ausschussvorsitzende.

Der Deutsche Tourismusverband e. V. (DTV) ist über den Ausgang der Verhandlung zunächst erleichtert. „Eine Steuer, die in den allgemeinen kommunalen Haushalt fließt, um Finanzlöcher zu stopfen, setzt ein falsches Signal“, sagt DTV-Präsident Reinhard Meyer. „Der Deutsche Tourismusverband setzt weiter auf freiwillige Lösungen und eine Zweckbindung der Mittel für den Tourismus.“ Auf der anderen Seite befürchtet der DTV eine Fortsetzung der Diskussion, denn das Urteil schließt die Erhebung der Bettensteuer auf touristisch motivierte Übernachtungen nicht grundsätzlich aus. Unklar seiist, ob und wie bereits gezahlte Bettensteuern in Trier und Bingen zu erstatten sind.

Die Stadt Köln prüft mögliche Auswirkungen des Urteils. Köln erhebt derzeit ebenfalls eine "Kulturförderabgabe" für entgeltliche Übernachtungen in Köln. Die Satzung der Stadt Köln habe grundsätzlich Ähnlichkeiten mit den beklagten Satzungen. Auch die Kölner Regelung fordere für beruflich und privat veranlasste Übernachtungen eine Kulturförderabgabe. Sie enthalte allerdings im Gegensatz zu den beiden beklagten Satzungen im Paragraph 14 eine Rückerstattungsgrundlage für die Fälle, in denen die Steuer vom Hotelier zu Unrecht auf den Gast weitergeleitet wurde. Bisher seien bei der Stadt Köln rund 15.000 Erstattungsanträge auch von Geschäftsreisenden eingegangen. In diesen Rückerstattungsanträgen differenzierten die Antragstellerinnen und Antragsteller nach privaten oder geschäftlich bedingten Reiseanlässen.

Zwischen Stadt Köln und dem Kölner Hotel- und Gaststättenverband war vereinbart worden, bis auf zwei Rückerstattungsanträge, die als Musterklagen juristisch überprüft werden sollen, diese Anträge noch nicht abschließend zu bearbeiten. Beide Musterklagen seien beim Verwaltungsgericht Köln anhängig. Die Kölner Satzung werde durch die Klage eines Kölner Hoteliers zurzeit juristisch überprüft. In einem ersten Urteil des Verwaltungsgerichtes Köln im Sommer vergangenen Jahres hatte das Gericht die Rechtmäßigkeit der Kölner Satzung inhaltlich bestätigt.

Die Stadt Köln wartet die schriftliche Urteilsbegründung ab, um auf ihrer Grundlage mögliche Auswirkungen zu überprüfen. Deshalb stellt sie ab sofort vorsorglich die Veranlagung der Kulturförderabgabe bei den Hoteliers zurück. Bei der Prüfung sollen auch die Erfahrungen der Stadt Dortmund berücksichtigt werden, die als einzige Stadt in der Bundesrepublik ausschließlich für privat veranlasste Übernachtungen die Abgabe erhebt.

Die Stadt Koblenz will zum 01. Januar 2013 eine Übernachtungssteuer erheben. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes, das die Steuersatzungen der Städte Bingen und Trierer für teilweise verfassungswidrig erklärt hatte, werde nun Richtschnur für die Überarbeitung der Koblenzer Steuersatzung. Die Stadt Koblenz erhoffte sich aus der Steuer Einnahmen in Höhe von 750.000 Euro.

Bremen wird die Zahlungspflicht für Übernachtungsbetriebe im Zusammenhang mit der City-Tax vorläufig aussetzen. „Wir nehmen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die Kulturförderabgabe der Städte Trier und Bingen ernst“, erklärt Finanzsenatorin Karoline Linnert in einer ersten Stellungnahme. Über das weitere Vorgehen müssen jetzt Senat und Parlament beraten, wenn die Urteilsbegründung vorliegt.

Aus steuerrechtlichen Gründen müssten die betroffenen Hoteliers Einspruch erheben, damit die Aussetzung der Zahlungspflicht im Einzelfall wirksam werde. Es reiche eine schlichte schriftliche Mitteilung mit dem Hinweis, man erhebe Einspruch gegen die City-Tax. Bereits erfolgte Zahlungen werden zurückerstattet, wenn ein Einspruch vorliegt. Die Entscheidung der Leipziger Richter habe keine automatische Auswirkung auf das Bremer Gesetz, da sich das Bundesverwaltungsgericht auf kommunale Satzungen beziehe. Die City-Tax sei ein Landesgesetz.

Für Franz-Josef Möllenberg, Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), sei die Entscheidung eine Ohrfeige für eine verfehlte Steuerpolitik: „Jetzt haben wir den Salat – die schwarz-gelbe Steuerpolitik führt die Hotelgäste endgültig in das Steuerchaos. Schon jetzt sind die Regeln unnötig kompliziert. Zum Beispiel muss für Übernachtungen der ermäßigte Steuersatz, für Frühstück aber der volle Satz abgeführt werden – was für ein Durcheinander. Es bleibt natürlich abzuwarten, wie sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes konkret auswirken wird. Ich glaube aber nicht, dass die Kommunen wegen dieses Gerichtsentscheides grundsätzlich von der Idee der Kulturabgabe ablassen werden. Sie werden ihre Satzungen entsprechend anpassen. Die Unterscheidung zwischen Übernachtungen aus privatem und beruflichem Anlass würde die Hotelbetreiber jedenfalls vor eine wohl unmögliche Aufgabe stellen und Hotelangestellte zu Schnüfflern degradieren.“

http://www.staedtetag.de/
http://www.ngg.net/
http://www.stadt-koeln.de/
http://www.koblenz.de/
http://www.deutschertourismusverband.de
http://www.drv.de

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