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Die Expeditiven sollen kommen: Neue Tourismusstrategie für das Ruhrgebiet

am . Veröffentlicht in Strategie, Orga & Finanzen

Trinkhalle im Ruhrgebiet

 

Unkonventionell, digital, kosmopolitisch und neugierig – im Fachjargon „expeditiv“: Das soll - wie in vielen anderen Metropolen - die neue Zielgruppe sein, die die Metropole Ruhr mit ihrer neuen Tourismusstrategie ansprechen und ins Ruhrgebiet locken möchte.

Die Tourismusstrategie 2022, die sich eng an der Landestourismusstrategie orientiert, hat die Ruhr Tourismus GmbH (RTG) jetzt in Bochum vorgestellt. Sie wurde demnach seit 2020 in enger Zusammenarbeit mit lokalen, regionalen und Institutionen auf Landesebene entwickelt.

Den Impuls zur neuen Marschrichtung im Ruhrgebietstourismus gab unter anderem das Förderprojekt „Metropole Ruhr: Digitale Modelldestination NRW“ mit einem regionalen Datenhub und einer Content-Datenbank. Das Projekt habe gezeigt: Die systematische Vernetzung des regionalen touristischen Angebots im digitalen, technischen und im ideellen Sinne, spiele für die weitere Entwicklung der Marke Metropole Ruhr eine wichtige Rolle. Mehr denn je sei die Tourismusstrategie 2022 daher auf Regionalität und das Zusammenspiel der unterschiedlichen Kräfte und Akteur:innen ausgelegt.

RTG-Geschäftsführer Axel Biermann erklärt: „Die neue Tourismusstrategie bringt uns unserem Ziel und unserer Vision ein großes Stück näher. 2030 möchten wir sagen können: Das Ruhrgebiet ist die kreative, offene und freundschaftliche Stadt der Städte. Damit sind wir genauso touristisch attraktiv und erfolgreich wie die Trendsetter der europäischen Kreativ-Destinationen.“

Warum eine Neuausrichtung?

Der Tourismus befinde sich nicht erst seit der Corona-Pandemie in einem Veränderungsprozess. Die Destinationen müssten sich anpassen, um die aus dem Wandel entstehenden Chancen nutzen zu können. Im Ruhrgebiet will man daher im Tourismusmarketing zukünftig neue Wege gehen. Vorausgegangen seien ein Strategieprozess und eine umfassende Analyse der Wettbewerbssituation. Deren Fazit: Trotz IBA und Kulturhauptstadt 2010 sei die Metropole Ruhr noch keine tradierte Städtedestination. Doch darin liege die Chance: Das Ruhrgebiet sei immer noch unbekannt, entdeckenswert und biete besonders für expeditive Reisende spannende Möglichkeiten abseits der ausgetretenen Touristenpfade. Im Wettbewerb mit Städten wie Leipzig, Nantes, Antwerpen oder Bilbao sei die Metropole Ruhr eine Destination der Zukunft, die noch viel Entwicklungspotential hat.

Expeditiv – was heißt das?

Dieses Entwicklungspotential soll im Zuge der Neuausrichtung optimal ausgeschöpft werden - Digitalisierung sei hier eines der großen Themen. Die meisten Menschen informierten sich online und ließen sich von Apps wie Instagram inspirieren. Inhalte müssten daher zwingend digital verfügbar sein, um im Wettbewerb mit anderen Regionen wettbewerbsfähig zu bleiben und insbesondere die Zielgruppe der Expeditiven anzusprechen.

Dieses SINUS-Milieu setze - so die RTG - neue Trends, sei mental und geographisch mobil, online sehr vernetzt und stehe für Individualismus und Nonkonformismus, Flexibilität und Weltoffenheit. Es handele sich demnach um eine vergleichsweise junge Konsumentengruppe, die 10 % der Gesamtbevölkerung ausmache. Die expeditive Zielgruppe habe wenige Vorurteile gegenüber dem Ruhrgebiet, da sie durchschnittlich jünger sei als andere Zielgruppen.

Konkrete Maßnahmen: Finden und Schaffen expeditiver Angebote

Wie sieht die touristische Neuausrichtung in der Metropole konkret aus? „Alles neu“ ist hier das Motto. Um die Expeditiven anzusprechen, wurde ein neues Corporate Design entwickelt, eine neue Homepage aufgelegt und Fotoshootings mit neuer Bildsprache durchgeführt. Das Bildmaterial komme unter anderem in dem neu entwickelten, digitalen Reiseführer zum Einsatz, dem Reisekumpel. Die Progressive Web App (eine Website, die so programmiert wurde, dass sie wie eine App funktioniert) soll die junge Zielgruppe abholen.

Der Reisekumpel sei auch für einheimische Expeditive (häufig Studierende) interessant und soll sie animieren, ihren Studienort zu entdecken. Als roter Faden durchziehen zukünftig vier Themenwelten die Produktion von Inhalten jeglicher Art (Social Media, Text, Bild, Video, etc.): „Kreativ von hier“, „Zusammen auf Trallafitti“, „Echt fotogen!“ und „Anne frischen Luft”. Diese gingen mit den Affinitäten und Triggerthemen der Zielgruppe einher, sprächen also die Expeditiven und ihre Bedürfnisse und Erwartungen an eine Destination emotional an. Die finale Version des www.reisekumpel.ruhr soll im August verfügbar sein, eine Basisversion ohne dynamische Reiseplanung sei bereits online.

Zwar machten die Expeditiven die Hauptzielgruppe für die Metropole Ruhr aus, es wurden aber auch noch zwei weitere untergeordnete Produktzielgruppen ermittelt. Die Adaptiv-Pragmatischen (für den Bereich Aktivtourismus und RUHR.TOPCARD) und die Post-Materiellen (für den Bereich Kultur) sollen im Zuge der neuen Strategie ebenfalls mit geeigneten touristischen Angeboten angesprochen werden. Ziel sei es, die Relevanz der Metropole Ruhr als urbane Destination zu erhöhen und die neue Tourismusstrategie des Ruhrgebiets sichtbar zu machen. Dafür würden zielgruppenspezifische Inhalte erstellt und produziert, die wiederum den touristischen Partner:innen zur Verfügung gestellt werden. Der Content wird als Open-Data-Content aufgebaut, sodass alle kommunalen Partner:innen ihn für ihre Zwecke online nutzen können. Dies soll zu einer höheren Sichtbarkeit der Region in allen Online-Formaten beitragen.

Die Finanzierung der auf die neue Zielgruppe ausgerichteten Maßnahmen erfolgt unter anderem aus dem Förderprojekt React EU “Recovery Assistance for Cohesion and the Territories of Europe” (Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas) der Europäischen Union. Dabei handelt es sich um eine Aufbauhilfe, die wirtschaftliche und soziale Folgen der COVID-19 Pandemie abfedern soll. Dazu stellt die EU allein für Nordrhein-Westfalen 400 Millionen Euro zur Verfügung, wovon ca. 15,5 Millionen Euro für den Restart des Tourismus eingeplant sind. Aus dieser Summe erhält die Ruhr Tourismus GmbH (RTG) wiederum 2,5 Millionen Euro Fördervolumen.

https://www.ruhr-tourismus.de/

Bild: Pressebild / BOT / Kreklau

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