„Aufbruch 2020“: Neue Impulse für den Schwarzwald

am . Veröffentlicht in Strategie, Orga & Finanzen

Wegweiser im Schwarzwald


Mehr als 300 Touristiker aus der Ferienregion erörterten am Mittwoch in Müllheim im Markgräflerland touristische Zukunftsfragen für den Schwarzwald. Das Jahrestreffen der 320 Mitgliedsgemeinden der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) stand unter dem Motto „Aufbruch 2020“. Kernthemen waren die geänderten Bedürfnisse von Urlaubern und die Frage, wie die Tourismusbilanz auch für die Zukunft gesichert werden könne.

Bei über 20 Mio. Übernachtungen in gewerblichen Betrieben mit mehr als neun Betten sei inzwischen wieder ein Niveau wie vor 25 Jahren erreicht. „Damals genügten jedoch 4,6 Mio. Urlauber, um diese Übernachtungszahlen zu erreichen, heute müssen die Touristiker dafür 7,4 Mio. Gäste begeistern“, stellte Aufsichtsratsvorsitzender Landrat Frank Scherer (Offenburg) fest. Seine Freiburger Kollegin Dorothea Störr-Ritter mahnte als Vorsitzende der Gesellschafterversammlung: „Tourismus ist auch im Schwarzwald kein Selbstläufer. Es ist eine große Herausforderung, am globalen Markt zu bestehen. Dazu könnten künftig die sportlichen Events und die Sportlerpersönlichkeiten der Region genau so beitragen, wie das regionale Brauchtum oder die Baukultur.“

„Der Schwarzwald ist in Deutschland hervorragend positioniert. Jeder zweite Bundesbürger hat schon mindestens ein Mal Urlaub im Schwarzwald gemacht. Es gilt jetzt, die richtigen Zielgruppen über die richtigen Themen noch stärker an die Region zu binden“, mahnte Prof. Dr. Bernd Eisenstein vom Institut für Management und Tourismus (IMT) der FH Westküste. Sein Institut habe gemeinsam mit den Gremien der STG neue Zielgruppen definiert und das Themenportfolio ausgeweitet. Künftig sollen im Marketing neben dem ursprünglichen und naturnahen Angebot auch Tipps für Familien, für Kultur- und Städtereisende und für Menschen, die Natur angeleitet erleben wollen, intensiver aufbereitet werden.

STG-Geschäftsführer Christopher Krull betonte bei der Vorstellung des Geschäftsberichtes für 2013 die intensivierten Werbemaßnahmen im Ausland. Krull: „Angesichts der immer kürzeren Aufenthaltsdauer deutscher Gäste sind nennenswerte Zuwächse bei den Übernachtungszahlen künftig hauptsächlich aus den Auslandsmärkten zu erwarten.“ In den statistisch erfassten Übernachtungsbetrieben kommen bereits mehr als 27 Prozent aller Gäste aus dem Ausland. Jede vierte Übernachtung ist ihnen zu verdanken.

Aufbruch 2020 - neue Strategien für den Schwarzwald

Die Marke Schwarzwald sei mit ihrer Neuausrichtung 2008/2009 bekannter und beliebter geworden. Das Interesse an Kurzreisen und Urlaub in der Region sei deutlich gestiegen. Das belegten die vergleichenden Analysen „Destination Brand“ des Instituts für Management und Tourismus der FH Westküste (ITM) mit der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK).

93 Prozent der Bundesbürger kennen demnach den Schwarzwald als Ferienziel, 80 Prozent fänden die Region sympathisch, 52 Prozent zögen einen Kurzurlaub im Schwarzwald in Betracht, 35 Prozent sogar einen längeren. Laut GfK war bis Ende 2013 jeder zweite Bundesbürger schon mal zum Urlaub im Schwarzwald.

Rund acht Millionen Urlauber konnten seit 2009 erstmals für den Schwarzwald begeistert werden. Während der Jahrestagung 2014 der Schwarzwald Tourismus GmbH (STG) in Müllheim zog Stefan Schürlein als Vorsitzender des STG-Marketingausschusses vor mehr als 300 Touristikern eine positive Bilanz. Aber es gebe noch Optimierungs- und Handlungsbedarf, wofür ein neues Marketingkonzept den Rahmen bilden solle. Es werde derzeit von der STG und ihrem Marketingausschuss erarbeitet und soll von den Gremien noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

Differenzierung und Ausweitung der Themen

Zentraler Bestandteil des neuen Marketingkonzeptes mit dem programatischen Namen „Aufbruch 2020“ soll die Erweiterung der Angebotsgruppen auf sieben statt bisher vier Profilthemen und eine differenziertere Ansprache von Zielgruppen sein. „Dabei müssen dann auch die bisherigen Profilthemen Essen und Trinken, Mountainbiking oder Wellness konzeptionell modifiziert werden“, umriss Stefan Schürlein als Vorsitzender des STG-Marketingbeirates den „Aufbruch“.

Die Profilthemen des neuen Marketingkonzeptes seien:

  • Wandern (unverändert)
  • MTB/Radfahren (bisher Mountainbike)
  • Natur erleben (neu)
  • Regionale Spezialitäten (bisher Essen und Trinken)
  • Familienurlaub (neu)
  • Wellness – Thermen – Gesundheit (bisher: Wellness)
  • Kultur (neu)

Zu Wandern, MTB/Radfahren und Natur erleben will die STG die Entwicklung neuer Produkte anstoßen und begleiten, bei den anderen Themen vorrangig die vielfältigen Angebote ihrer Mitgliedsorte bündeln und den passenden Zielgruppen nahebringen. Alle Profilthemen setzten dabei auf der Natur- und Landschaftsvielfalt der Region auf.

Drei neue Profilthemen: Natur erleben, Familienurlaub, Kultur

Neu seien die Profilthemen Natur erleben, Familienurlaub und Kultur. „Die Marktforschung hat uns gezeigt, dass Natur erleben wollen bei den Bundesbürgern als Reisemotiv stark an Bedeutung gewonnen hat. Die Naturlandschaft als Urlaubskulisse ist wichtig, aber noch wichtiger ist das Erleben der Natur in ihren verschiedenen Facetten“, erklärte der Marketingausschuss-Vorsitzende Stefan Schürlein.

Das neue Profilthema "Natur erleben" greife auf die Erlebnis- und Lernangebote der beiden Naturparke, der Naturschutzzentren und des Nationalparks zurück. Naturparkwirte, Naturparkhotels, Weinhotels, Winzerhöfe, Schwarzwald- und Wein-Guides seien „eine sehr gute Basis, um die Natur als Teil der Marke Schwarzwald mit allen Sinnen und für die unterschiedlichsten Bedürfnisse erlebbar zu machen.“

In das Thema "Familienurlaub" sollen auch die Angebote der „Familienfreundlichen Orte und Betriebe“, von „Landurlaub“ und „Ferien auf dem Bauernhof“ integriert und stärker unter der Dachmarke Schwarzwald positioniert werden. Dazu gehören auch SchwarzwaldCard und andere Vorteilskarten sowie Konus und RIT-Ticket.

Kultur als drittes neues Thema soll den Beitrag der Städte zum Gesamterlebnis Schwarzwald herausstellen. Die vielen hochwertigen Kulturangebote in der Region sollen stärker als bisher auch als Teil der Dachmarke propagiert werden.

Modifikationen bei den bisherigen Profilthemen

Das bisherige Thema "Wellness" wurde um "Thermen und Gesundheit" erweitert, um auch die besondere Kompetenz in Sachen Gesundheitsurlaub, die Vielzahl der Heil- und Thermalbäder sowie Thermen noch stärker herauszuarbeiten.

Das Thema Essen und Trinken wurde erweitert auf "Regionale Spezialitäten". Damit sollen auch die typischen Produkte der Region von Schinken bis Käse, Bier bis Wein, Wasser bis Schnaps stärker auf die Marke Schwarzwald einzahlen.

Die Umbennung des Profilthemas Mountainbike in "MTB/Rad fahren" signalisiere eine Schwerpunktverschiebung: Neben den Mountainbikern sollen künftig stärker das Genussradfahren und das Radfahren mit Familie in den Vordergrund rücken.    

Neue Strukturen für die Marktbearbeitung

STG-Geschäftsführer Christopher Krull kündigte an, dass den Profilthemen künftig themenspezifische Pool-Arbeitskreise mit einer Expertengruppe zugeordnet werden sollen. Sie treiben das jeweilige Thema nicht nur für ihre Mitglieder, sondern für die gesamte Region voran, definieren die Qualitätskriterien und kontrollieren deren Einhaltung. Die STG benenne zu jedem Thema einen Themenmanager und beteilige sich an den Pool-Arbeitskreisen mit eigenen Finanzmitteln. Krull: „Wir können so mit starken Partnern in der Region die Themen leichter voranbringen und die Märkte gezielter bearbeiten."

Neue Zielgruppendefinitionen für das Themenmarketing

Um Überschneidungen in der Analyse zu vermeiden, wurden die „neuen“ alten Zielgruppen vom Institut für Management und Tourismus der FH Westküste leicht modifiziert und hießen nun:

„Wohlhabende Familien": Haushalte mit mindestens einem Kind unter 18 Jahren und mindestens 2500 Euro Haushaltsnettoeinkommen.

Die Reiseabsicht dieser Zielgruppe liege deutlich über Durchschnitt, ebenso wie das Faible für kurze und lange Urlaubsreisen in den Schwarzwald. Wohlhabende Familien machten etwa elf Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Sie seien besonders an Aktiv-Themen interessiert – und die Zustimmungswerte für alle Schwarzwald-Themen lägen deutlich über dem Durchschnitt.

„Anspruchsvolle Singles und Paare mittleren Alters“: 35 bis 55 Jahre alt, mindestens Mittlere Reife, keine Kinder im Haushalt und Haushaltsnettoeinkommen bei Singles mind. 1500 Euro, bei Paaren mind. 2500 Euro.

Insgesamt sei die Reiseabsicht dieser Gruppe eher unterdurchschnittlich, der Schwarzwald schneide aber sowohl bei der Planung für Kurzreisen als auch für längere Urlaubsreisen überdurchschnittlich gut ab. Anspruchsvolle Singles und Paare mittleren Alters machten etwa neun Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Sie seien überdurchschnittlich stark interessiert an Themen wie Kulinarik, Kultur, Gesundheit und Wellness.

„Wohlhabende Best-Ager“: 56 bis 74 Jahre alt, mind. Mittlere Reife, keine Kinder im Haushalt und Haushaltsnettoeinkommen bei Singles mind. 1500 Euro, bei Paaren mind. 2500 Euro.

Sie seien die am meisten von der Marke Schwarzwald überzeugten Urlauber und hätten die höchsten Reiseabsichten, sowohl was lange Urlaubsreisen als auch Kurzreisen in den Schwarzwald anbelange. Sie hätten ein überdurchschnittliches Interesse an den Themen Kultur, Gesundheit, Natur und Weinreise. An der Gesamtbevölkerung hätten sie einen Anteil von etwa zehn Prozent, unter den Schwarzwaldurlaubern von etwa zwölf Prozent.

„Junge Leute ohne Kinder“: 14 bis 34 Jahre und keine Kinder unter 18 Jahren im Haushalt.

Diese Zielgruppe sei überdurchschnittlich an Kurzreisen in den Schwarzwald interessiert, habe auch einen verhältnismäßig hohen Anteil bei den Übernachtungsgästen in der Vergangenheit – doch die Sympathiewerte für den Schwarzwald  lägen unter dem Durchschnitt. Trotz einem hohen allgemeinen Interesse am Themenportfolio des Schwarzwaldes sei auch die Einschätzung für die Themenkompetenz der Region unterdurchschnittlich.

Insgesamt könnten mit diesen vier Zielgruppen knapp 45 Prozent der Übernachtungsgäste überschneidungsfrei beschrieben werden.

http://www.schwarzwald-tourismus.info

Tags: Bundesland: Baden-Württemberg
Destinationen: Mittelgebirge, Schwarzwald
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