Sharing Economy: Europäische Kommission legt Leitlinien vor

am . Veröffentlicht in Politik & Recht

Die Europäische Kommission hat heute Leitlinien vorgelegt, die Verbraucher, Unternehmen und Behörden dabei unterstützten sollen, vertrauensvoll an der kollaborativen Wirtschaft mitwirken zu können.

Diese neuen Geschäftsmodelle könnten demnach einen wichtigen Beitrag zur Entstehung von Arbeitsplätzen und Wachstum in der Europäischen Union leisten, wenn sie auf verantwortungsvolle Weise gefördert und entwickelt würden, so die Kommission.

Die kollaborative Wirtschaft wachse schnell, darauf reagierten nationale und lokale Behörden bislang mit einem Flickwerk verschiedener Regulierungsmaßnahmen. Diese uneinheitliche Behandlung neuer Geschäftsmodelle schaffe Unsicherheit für herkömmliche Unternehmen, neue Dienstleistungsanbieter und Verbraucher gleichermaßen. Außerdem könne sie Innovationen, die Entstehung von Arbeitsplätzen und Wachstum behindern. Wie in ihrer Binnenmarktstrategie angekündigt, hat die Kommission daher Leitlinien für die Mitgliedstaaten veröffentlicht, um zu einer ausgewogenen Entwicklung der kollaborativen Wirtschaft beizutragen.

Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident der Europäischen Kommission, Jyrki Katainen, erklärte hierzu: „Die europäische Wirtschaft braucht Produkt- und Dienstleistungsinnovationen, wenn sie wettbewerbsfähig bleiben will. Der nächste Schritt könnte hier von der kollaborativen Wirtschaft ausgehen. Unsere Rolle ist, auf ein rechtliches Umfeld hinzuwirken, in dem sich neue Geschäftsmodelle entwickeln können und zugleich für Verbraucherschutz, gerechte Besteuerung und faire Arbeitsbedingungen gesorgt wird.“

Elżbieta Bieńkowska, für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU verantwortliches Kommissionsmitglied, stellte hierzu fest: „Die kollaborative Wirtschaft ist eine Chance für Verbraucher, Einzelunternehmer und Unternehmen – wenn wir die richtigen Maßnahmen ergreifen. Wenn wir eine Zersplitterung des Binnenmarkts auf der Ebene der Mitgliedstaaten oder sogar auf lokaler Ebene zulassen, besteht die Gefahr, dass ganz Europa dabei verliert. Wir bieten jetzt Behörden und Marktteilnehmern rechtliche Orientierungshilfen für die ausgewogene und nachhaltige Entwicklung dieser neuen Geschäftsmodelle. Wir rufen die Mitgliedstaaten auf, ihre Vorschriften vor diesem Hintergrund zu prüfen, und sind bereit, ihnen dabei Hilfestellung zu leisten.“

Die Mitteilung „Europäische Agenda für die kollaborative Wirtschaft“ enthält Leitlinien dafür, wie das bestehende EU-Recht in diesem dynamischen und sich schnell entwickelnden Bereich angewandt werden sollte. Sie soll Klarstellungen zu wichtigen Fragen bieten, mit denen sowohl Marktteilnehmer als auch Behörden konfrontiert seien, z. B.:

Welche Marktzugangsanforderungen können auferlegt werden? Eine Genehmigungs- oder Zulassungspflicht für Dienstleistungsanbieter sollte nur dann bestehen, wenn es im Sinne relevanter, im Allgemeininteresse liegender Ziele unbedingt erforderlich ist. Absolute Verbote einer Tätigkeit sollten das letzte Mittel bleiben. Plattformen sollten keinen Genehmigungs- oder Zulassungsanforderungen unterliegen, wenn sie lediglich als Vermittler zwischen Verbrauchern und den Anbietern der eigentlichen Dienstleistung auftreten (z. B. Beförderung oder Unterkunft). Außerdem sollten die Mitgliedstaaten zwischen Einzelpersonen, die gelegentlich Dienstleistungen erbringen, und gewerbsmäßigen Anbietern unterscheiden, beispielsweise anhand von Schwellenwerten für den Umfang der Tätigkeit.

Wer ist haftbar, wenn es zu Problemen kommt? Gemeinsame Plattformen können von der Haftung für Informationen, die sie im Namen von Dienstanbietern speichern, ausgenommen werden. Sie sollten jedoch nicht von der Haftung für von ihnen selbst angebotene Dienstleistungen wie Zahlungsabwicklungen ausgenommen werden. Die Kommission ruft die gemeinsamen Plattformen dazu auf, weiter auf freiwilliger Basis gegen gesetzeswidrige Online-Inhalte vorzugehen und das Vertrauen so zu stärken.

Wie werden die Nutzer durch das EU-Verbraucherrecht geschützt? Die Mitgliedstaaten sollten dafür sorgen, dass Verbraucher gut vor unlauteren Geschäftspraktiken geschützt werden, ohne dass unverhältnismäßige Pflichten für Privatpersonen entstehen, die nur gelegentlich Dienstleistungen erbringen.

Wann liegt ein Arbeitsverhältnis vor? Das Arbeitsrecht liegt überwiegend in der Zuständigkeit der Mitgliedstaaten und wird durch EU-Mindestsozialstandards und die EU-Rechtsprechung ergänzt. Die Mitgliedstaaten könnten bei der Entscheidung, ob jemand als Beschäftigter einer Plattform gilt, möglicherweise Kriterien wie das Vorliegen eines Abhängigkeitsverhältnisses, die Art der Arbeit und die Frage der Entlohnung heranziehen.

Welche Steuervorschriften finden Anwendung? Wie andere Marktteilnehmer auch müssen Dienstleistungsanbieter und Plattformen der kollaborativen Wirtschaft Steuern zahlen. Dabei handelt es sich um Einkommen-, Körperschaft- und Mehrwertsteuer. Die Mitgliedstaaten sind aufgerufen, die Anwendung der Steuervorschriften in der kollaborativen Wirtschaft weiter zu vereinfachen und klarer zu gestalten. Die Plattformen der kollaborativen Wirtschaft sollten uneingeschränkt mit den nationalen Behörden kooperieren, um Wirtschaftstätigkeiten zu erfassen und die Steuererhebung zu erleichtern.

In der Mitteilung werden die EU-Mitgliedstaaten aufgefordert, die bestehenden Rechtsvorschriften im Sinne der Leitlinien zu prüfen und gegebenenfalls zu ändern. Die Kommission will das sich rasch ändernde rechtliche Umfeld und die wirtschaftlichen Entwicklungen überwachen. Sie will Veränderungen der Preise und der Qualität der Dienstleistungen verfolgen sowie mögliche Hindernisse und Probleme aufzeigen, die auf voneinander abweichende nationale Regelungen oder Regelungslücken zurückgehen.

Hier kann man sich die Leitlinien herunterladen:
http://ec.europa.eu/DocsRoom/documents/16881

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