Tourist-Informationen als zentrale Orte der Digitalität

Geschrieben von Matthias Burzinski am . Veröffentlicht in Lernkurve (Zukunftsblog)

Infografik Future.TI Tourist-Informationen, Nutzung nach Alter

 

Es ist unstrittig, dass sich Tourist-Informationen der Digitalisierung stellen müssen. Doch wer glaubt, dass sie daraus geschwächt hervorgehen, unterliegt einem fundamentalen Irrtum. Das Gegenteil ist der Fall: In der Tourist-Information verschmelzen die analogen und digitalen Wirklichkeiten der Gäste.

Als wir 2014/2015 unsere erste Studie zur Zukunft der Tourist Informationen - Future.TI – starteten, stand die These im Raum, dass die TI angesichts der rasanten Entwicklung des mobilen Internets keine Daseinsberechtigung mehr haben würde. Zwar konnten wir schon damals widerlegen, dass dies nicht oder nur bedingt gilt, doch jetzt, fünf Jahre später, mitten in einer globalen Pandemie und mit den Ergebnissen einer neuerlichen Befragung im Rücken wissen wir: Die TI hat nicht nur Zukunft, sie steht auch für eine neue Synergie von analoger und digitaler Kommunikation mit dem Gast.

In unserer Studie ReisePuls Deutschland Future.TI 2020 haben wir, unterstützt durch den Deutschen Tourismusverband, in einer national repräsentativen Online-Befragung in Deutschland unter der reisenden Bevölkerung (18 - 75 Jahre, Stichprobe: n = 1.005) erstmals die Erwartungen der Gäste an die „Institution“ Tourist-Information erfragt. Damit liegen erstmals belastbare Daten darüber vor, welche Bedeutung TIs tatsächlich noch haben.

TIs sind keine Frage des Alters

Erste Überraschung: TIs werden nach wie vor in allen Altersklassen genutzt, auch bei den vermeintlichen Digital Natives zwischen 18- und 29 Jahren. Gefragt nach den Übernachtungsreisen in den letzten 2 Jahren, erklären über alle Altersklassen hinweg rund drei Fünftel, dass sie eine TI besucht haben. Diese rund 60 % markieren das Potenzial, das grundsätzlich für einen Besuch der TI gewonnen werden kann. Im Durchschnitt 17,7 % erklären sogar, auf jeder Reise die TI aufzusuchen.

Die Gäste erwarten ein enormes Spektrum an Services von einer TI. Ein bekanntes Phänomen, das sich auch bei unseren standortbezogenen Analysen und Konzepten immer wieder offenbart. Mit neu entstehenden Angeboten und Services steigt auch die Erwartung der Gäste. Waren TIs früher vor allem eine Anlaufstelle, um Zimmer zu buchen und einfache Fragen zu stellen, sind sie heute multifunktionale Service-Center, in denen sich digitale mit analogen Services vernetzen.

Neben der Information und Basisservices wachsen vor allem die Ansprüche an die emotionale Inspiration, an persönliche „Insidertipps“ und konkrete Anregungen. Und noch etwas bleibt wichtig: der persönliche Kontakt, der nach wie vor als Markenzeichen der TI das wesentliche Alleinstellungsmerkmal darstellt.

Premium-Zielgruppe TI-Nutzer*innen

Vergleicht man die TI-Besucher*innen hinsichtlich zentraler Merkmale mit denen der Nicht-Besucher*innen, zeigt sich: Die Besucher*innen weisen in verschiedener Hinsicht Merkmale einer Premium-Zielgruppe auf.

Unter den Besucher*innen ist nicht nur der Anteil der Gäste mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen größer, sie nutzen auch digitale Informationskanäle teils deutlich häufiger als Nicht-Besucher*innen, z.B. verschiedenste Apps, die Website des Reiseziels oder Google Maps. Das „Märchen“ von den eher konservativen, in der Vergangenheit verhafteten TI-Besuchern*innen ist damit endgültig vom Tisch: Die TI steht nicht in Konkurrenz zu digitalen Kanälen, sondern ergänzt sich mit diesen zu einer neuen Form gelebter Digitalität. Für die bestens informierten und inspirierten TI-Besucher*innen ist die Kombination und flexible Nutzung analoger und digitaler Kanäle selbstverständlich. Sie zeigen: Die analoge und digitale Kommunikation und den Dialog mit den Gästen überhaupt noch getrennt zu denken, ist überholt.

 

 

Bedeutung in der Corona-Krise

Die Tourist-Information ist die Schnittstelle, um situationsbezogen verschiedenste Informations- und Kommunikationskanäle zu kombinieren. In dieser Rolle muss sie sich zweifellos neu finden: Auf der einen Seite, indem sie die analoge, persönliche Begegnung emotional und inspirativ auflädt – durch moderne Instrumente des Experience Design, auf der anderen, indem sie den digitalen „Outreach“ steuert und choreographiert, vor allem im direkten Kanal zum Smartphone des Gastes.

Digitale Terminals oder Kiosk-Systeme als reine Informationssysteme vor Ort in der TI, oft fälschlicherweise als Synonyme für Digitalisierung in der TI gehandelt, spielen dabei übrigens eine untergeordnete Rolle.

So ist es nur eine logische Folge, dass TI-Besucher*innen sich zusätzlich auch aktiver zeigen und ihnen fast alle Erlebnisse wichtiger sind als Nicht Besucher*innen. Zur breiteren Information, dem höheren Einkommen gesellt sich demnach auch noch eine höhere Erlebnisorientierung und Offenheit für verschiedene Aktivitäten.

Die Corona-Pandemie hat die Bedeutung der TI keineswegs gemindert, trotz des Digitalisierungsschubs infolge der Krisensituation wird der TI eine hohe Bedeutung zugeschrieben. Die Aussage "Während der Corona-Krise war und ist es besonders wichtig, in der Tourist-Information einen Ansprechpartner vor Ort zu haben" erfährt von den Befragten die höchste Zustimmung.

Kompetenzen einer zeitgemäßen TI

Vor dem Hintergrund der Bedeutung und Attraktivität der TI für die Gäste und „hochwertige“ Zielgruppen, und damit auch die lokale Wertschöpfung, steht es vollkommen außer Frage, dass die TI nach wie vor eine zentrale Rolle als Markenkontaktpunkt mit direkter Kommunikation zum Gast darstellt. Dabei muss sie jedoch neue Kompetenzen ausbauen und miteinander vernetzen:

  • Gäste- und Servicekompetenz,
  • Marken- und Produktkompetenz,
  • Verkaufskompetenz,
  • Storytelling-Kompetenz,
  • Digitale Kompetenz.

Diese Kompetenzen müssen in ein modernes, der Destination entsprechendes Service- und Raumkonzept mit entsprechender Medientechnik und Vermittlung sowie in optimierte Prozesse umgesetzt werden.

Mehr Infos dazu finden Sie hier bei uns.

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