21. Hessischer Kurtag: Übernachtungszahlen steigen, Finanzierungslücken bleiben

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21. Hessischer Kurtag: Übernachtungszahlen steigen, Finanzierungslücken bleiben

 

Im Rahmen des 21. Hessischen Kurtags in Kassel-Bad Wilhelmshöhe wurde deutlich, welche zentrale Rolle die hessischen Heilbäder und Kurorte für das Gesundheitswesen und den Tourismus spielen. Als Orte der Prävention, Rehabilitation und Erholung übernehmen sie zugleich wirtschaftliche, soziale und gesundheitspolitische Funktionen – besonders in ländlichen Räumen. Gleichzeitig stehen sie vor strukturellen Herausforderungen, die ihre Leistungsfähigkeit zunehmend belasten.

Touristische Entwicklung stärkt regionale Vitalität

Im Jahr 2024 haben laut dem Verband 2.588.814 Menschen die 30 hessischen Heilbäder und Kurorte besucht. Sie verbuchten demnach insgesamt 9.452.516 Übernachtungen – ein Anstieg gegenüber 2023 mit rund 9,3 Millionen. Bad Wildungen und Wiesbaden erreichten jeweils 1.344.735 Übernachtungen. Dahinter folgen Willingen mit 990.106, Kassel mit 925.278, Bad Nauheim mit 673.155 und Bad Homburg v. d. Höhe mit 564.434 Übernachtungen. „Das ist eine beeindruckende Zahl, die zeigt, wie engagiert unsere Gastgeber vor Ort sind,“ erklärte der Vorsitzende des Hessischen Heilbäderverbandes, Bürgermeister Ralf Gutheil. „Ob Ärztin, Krankenpfleger, Gärtner, Kurdirektorin oder Hotelier: Sie alle sind Gastgeber und sorgen dafür, dass sich die Menschen bei uns wohlfühlen.“

Nach Aussage Gutheils spiegeln die Zahlen das Ergebnis gezielter Investitionen wider. „Die Übernachtungszahlen sind ein wichtiger Indikator, wie es um die Branche und Strukturen der Heilbäder und Kurorte steht,“ macht Vorsitzender Gutheil deutlich und lässt keinen Zweifel daran, dass das Zahlenwerk ein Ergebnis von vielschichtigem Engagement ist. „Wir konzentrieren uns auf die kurörtliche Infrastruktur und besonders auf die Sicherung der Kapazitäten, die durch die Gastgeber und die Kliniken angeboten werden.“

Mit dem Anstieg der Übernachtungen gehe eine zunehmende regionale Wertschöpfung einher, die zur Belebung der Orte beiträgt. Für Gäste entstehen laut dem Verband dadurch vielfältige Angebote zur Erholung – von Thermen und Bädern bis hin zu Kurparken und Gradierwerken.

„Hessens Heilbäder und Kurorte stehen für eine besondere Verbindung,“ erläuterte dazu Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori. „Zwischen Gesundheit und Wirtschaft, zwischen touristischem Erlebnis und medizinischen Anspruch, zwischen regionaler Verwurzelung und überregional Strahlkraft entsteht Arbeit, Werkschöpfung und sozialer Zusammenhalt.“

Nach Angaben des Hessischen Statistischen Landesamts boten 2024 insgesamt 643 Betriebe in den prädikatisierten Orten 55.859 Schlafgelegenheiten an. Der Anteil an den gesamthessischen Übernachtungen liegt bei 27 Prozent.

„Heilbäder und Kurorte wirken… gerade in den ländlichen Räumen in Hessen,“ erläutert die Geschäftsführerin des Hessischen Heilbäderverbandes, Almut Boller. „Die prädikatisierten Orte sind Kristallisationskerne in den Regionen und stellen die Versorgung sicher. Zudem liegen 90 Prozent aller hessischen stationären Vorsorge- und Rehabilitationszentren in den Heilbädern und Kurorten und stehen für medizinisch-therapeutische Kompetenz.“

Kurorte als Träger einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe

„Gesundheit ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die mit den Menschen für den Menschen getragen werden muss“, erklärte der Vorsitzende des Hessischen Heilbäderverbandes, Bürgermeister Ralf Gutheil. Deshalb engagieren sich die Heilbäder und Kurorte in Hessen für ihre medizinisch-therapeutische Kompetenz, ihre Natürlichen Heilmittel und für ihre kurörtliche Infrastruktur. Damit geben sie laut dem Verband alljährlich über 2 Millionen Menschen eine Heimat auf Zeit. Und damit sichern sie die Lebensgrundlage für 40.000 Menschen im Gesundheitswesen und mehreren 10.000 Menschen, die von der Aufgabenvielfalt im Tourismus profitieren.

Damit die Heilbäder und Kurorte in Hessen ihre Aufgaben erfüllen können, werden sie vom Land Hessen unterstützt. Die Bäderzuweisung sei für die prädikatisierten Orte ein unverzichtbares Finanzierungsinstrument, mit dem die hohen Investitionen in die vorgeschriebene Infrastruktur zumindest anteilig ausgeglichen werden können.

„Wir sind dankbar für die Förderung durch das Land Hessen,“ betonte der Vorsitzende der Hessischen Bäderfamilie. „Aber die Aufwendungen für die kurörtliche Infrastruktur stehen in keinem Verhältnis mehr zu dem Betrag, den die Heilbäder und Kurorte erhalten. Um auch weiterhin wettbewerbsfähig zu sein, bedarf es der Anpassung der Bäderzuweisung von derzeit 13 auf 18 Millionen. Und es bedarf der Dynamisierung der Bäderzuweisung, damit die jährlich steigenden Kosten aufgefangen werden können.“

„Gesundheit ist den Menschen höchstes Gut,“ machte die Geschäftsführerin des Hessischen Heilbäderverbandes Almut Boller deutlich. „Wer an der Prävention spart, dem wird die Rehabilitation teuer zu stehen bekommen.“

Deshalb fordere die Hessische Bäderfamilie auch, dass Kur & Tourismus für die hochprädikatisierten Heilbäder und Kurorte zur Pflichtaufgabe werde. „Es kann nicht sein, dass eine solche gesamtgesellschaftliche Aufgabe mit ihren bildungs- und gesundheitspolitischen Aspekten sowie Versorgungsaufgaben nicht besser geschützt wird,“ machte Geschäftsführerin Boller deutlich.

Rehabilitationsstrukturen unter Druck

90 Prozent aller stationären Präventions- und Rehabilitationskliniken in Hessen seien laut dem Verband in den 30 Heilbädern und Kurorten verortet und machen die Standorte zu einem wichtigen Teil des Gesundheitswesens. Sie sichern die Lebengrundlage und die medizinische Versorgung gerade in den ländlichen Räumen. Doch die Situation sei ernst.

„Die ersten Kliniken haben geschlossen, Hunderte von Betten sind abgebaut,“ beschrieb der Vorsitzende des Hessischen Heilbäderverbandes die Folgen der Corona-Pandemie und der Energiekrise auf die Kliniklandschaft.. Doch die Thematik sei vielschichtig und die Krisen nur ein Teil der Thematik. Umstrukturierungen und die Krankenhausreform seien weitere Aspekte, die das Gesundheitsangebot deutlich verändern.

Nach Einschätzung des Hessischen Heilbäderverbandes brauche das Gesundheitswesen eine grundsätzliche Revision. Insbesondere die geplante Krankenhausreform berge erhebliche Risiken für die Rehabilitationskliniken in Deutschland. Der Verband fordere daher, dass der Gesetzgeber die besonderen Bedingungen und Herausforderungen dieser Einrichtungen im Gesetzgebungsverfahren ausdrücklich berücksichtige. Nur eine angepasste Reform, die sowohl die Akutversorgung als auch die rehabilitative Versorgung gemeinsam in den Blick nehme, könne aus Sicht des Verbandes eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Patientenversorgung langfristig sichern.

 

Weitere Informationen: Heilbäderverband in Hessen

Bild: © Heiko Rhode, Bella im Kurpark Wiesbaden