Reiseanalyse: Deutschland nicht mehr Reiseweltmeister

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Zum Jahresbeginn 2013 hat die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e.V. (FUR) für die CMT in Stuttgart eine erste vorläufige Bilanz des Reisejahres 2012 erstellt und die touristischen Trends des neuen Jahres ermittelt.

Rekordjahr 2012

Im Dezember sei im weltweiten Tourismus zum ersten Mal die magische Grenze von einer Milliarde internationaler Ankünfte überschritten worden. Um diese Entwicklung greifbar zu machen, begrüßte die UNWTO einen britischen Touristen in Madrid als den ein milliardsten Touristen. Gestiegen seien entsprechend auch die internationalen Reiseausgaben. Auf der Basis von Schätzungen sei anzunehmen, dass 2012 Deutschland den bisherigen ersten Platz („Reiseweltmeister“) in der Hitparade der internationalen Reiseausgaben an China habe abgeben müssen (China ca. 91 Mrd. US$); Deutschland 88 Mrd. US$).

Auch der Deutschlandtourismus habe sich positiv entwickelt. In den ersten 10 Monaten des Jahres erhöhte sich die Zahl der Gästeübernachtungen im Inland im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 4 % auf 358 Millionen. Davon entfielen 60 Millionen Übernachtungen auf ausländische Gäste (+ 8 %) und 298 Millionen auf Gäste aus dem Inland (+ 3 %). Für 2012 könne man so insgesamt mit ca. 410 Mio. Übernachtungen rechnen.

Auch die Touristikunternehmen in Deutschland hätten im zurückliegenden Jahr vor allem beim Umsatz, aber viele auch bei den Teilnehmerzahlen zugelegt.

Die FUR erwartet nach den vorläufigen Daten auf der Basis der RA online vom Jahresende für 2012 ein Volumen von über 70 Mio. Urlaubsreisen und eine Steigerung der Ausgaben für Urlaubsreisen auf ca. 62 Mrd. Euro. Hinzu kämen noch Kurz-, Geschäfts- und sonstige Reisen. Die Entwicklungschancen, die schon zur CMT 2012 deutlich wurden, hätten sich weitgehend realisiert.

Das Wachstum des Reisemarktes verteile sich aber nicht gleichmäßig über alle Bevölkerungsschichten. Während Personen aus Haushalten mit hohen Einkommen für 2012 von deutlich mehr Urlaubsreisen berichteten, sank die Urlaubsreisetätigkeit bei unteren Einkommensgruppen.

Gute Vorzeichen für 2013

Nur unter günstigen wirtschaftlichen Bedingungen brumme der Tourismus. Was die allgemeine wirtschaftliche Lage angehe, seien die Deutschen eher pessimistisch: 47% erwarteten, dass die allgemeine wirtschaftliche Lage sich in einem Jahr verschlechtern werde (Vorjahr 53%), 12% erwarteten eine Verbesserung (Vorjahr: 11%).

Allerdings würden Reisepläne weniger vor dem Hintergrund der allgemeinen als mit Blick auf die persönliche Situation entwickelt. Hier sei nur eine geringe Veränderung auszumachen: 24% (Vorjahr: 26%) erwarten, dass sich ihre persönliche wirtschaftliche Situation in einem Jahr verschlechtern werde; ebenfalls 24% (Vorjahr: 23%) erwarteten eine Verbesserung, die restlichen 51% sähen keine Veränderung. Insgesamt deute sich also eine leichte Verbesserung an.

In Deutschland werde die touristische Nachfrage seit Jahrzehnten durch den hohen Stellenwert, den Urlaubsreisen im Vergleich zu anderen Konsumbereichen hätten, gestützt. Das gelte auch aktuell: Mehr als drei Viertel der Bevölkerung hätten sich bereits mit der Planung ihrer Urlaubsreisen 2013 beschäftigt. Ob jemand tatsächlich eine Reise antrete, sei vor allem eine Frage des Könnens (ausreichend Zeit und Geld?) und des Wollens (Urlaubslust?).

53% der Bevölkerung sähen sich finanziell in der Lage, 2013 Urlaubsreisen zu unternehmen, etwas mehr (59%) sähen den notwendigen zeitlichen Spielraum. Der Urlaubslustindikator in der RA liege auf dem hohen Niveau des Vorjahres (53%). Lediglich jeweils ein Fünftel der Deutschen hätten kein Geld, keine Zeit oder derzeit noch keine Lust auf einen Urlaub.

Betrachte man die Indikatoren zusammen, dann zeige sich, dass eine Urlaubsreise im Jahr 2013 bei 36% der Bevölkerung (Vorjahr: 35%) so gut wie sicher sei, weil alle Voraussetzungen gegeben seien. Sie könnten es sich finanziell leisten, sie hätten Zeit und auch Lust in den Urlaub zu fahren. In der Segmentierung werde deutlich, dass gerade Ältere und Personen mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen häufiger alle Voraussetzungen für eine Urlaubsreise im nächsten Jahr als gegeben sähen als Jüngere und Personen aus einkommensschwächeren Haushalten.

Die Zahl der Reisenden bleibe also auf hohem Niveau, die Wachstumsperspektive komme aus der Zahl der Reisen und den damit verbundenen Ausgaben: 24% der Deutschen wollten 2013 mehr Reisen machen als im Vorjahr, 17% weniger; 28% wollten mehr Geld für Reisen ausgeben, 18% weniger. Bis 2010 hielten sich diese Kennziffern regelmäßig in etwa die Waage.

Urlaub: Wo und wie?

Auch 2013 würden Urlaubsreisen im eigenen Land mit etwa 30% den ersten Platz der Hitparade einnehmen, es folgten Spanien, Italien, die Türkei und Österreich. Knapp zwei Drittel aller Urlaubsreisen gingen jedes Jahr in eines dieser fünf Zielländer. Dennoch gebe es auch hier Dynamik: Laut den Präferenzäußerungen der Befragten hätten Fernziele, Mittelmeerländer und Destinationen in Skandinavien Chancen auf einen Zuwachs an deutschen Urlaubsgästen. Allerdings wachse das Interesse an fast allen Urlaubregionen. Das zeige eine hohe Flexibilität auf der Kundenseite, die Urlauber seien „multioptional“ und sähen in vielen Destinationen die Möglichkeit, ihre Urlaubsbedürfnisse zu befriedigen.

So würden die Reiseziele immer austauschbarer, selbst wenn sie sich objektiv unterschieden. Das gelte analog auch für die Urlaubsformen. Die Klassiker blieben hier auch 2013 die bedeutendsten Reisearten: Strand-, Ausruh-, Natur-, und Familienferien. Wachstum sei in bislang kleineren Segmenten (z.B. Kreuzfahrt; Radreisen; Wellness; Bauernhofurlaub) zu erwarten.

Ausblick

Vor diesem Hintergrund und unter der Annahme einer weitgehend stabilen wirtschaftlichen Situation der Privathaushalte erwarten die FUR-Forscher wieder ein starkes Jahr für den Urlaubstourismus. Die deutschen Reiseveranstalter rechneten für 2013 ebenfalls mit Nachfrage- und Umsatzsteigerungen. Ihre Produkte wollen sie stärker differenzieren und noch präziser an Zielgruppen ausrichten.

Auch weltweit sei Wachstum in Sicht. Laut UNWTO seien Steigerungen von etwa 3% der internationalen Ankünfte abzusehen. Angesichts der weiterhin mit Risiken behafteten wirtschaftlichen Situation könne sich diese Zukunftsperspektive rasch ändern und auch regional sehr verschieden gestalten. Sowohl als Quell- wie als Zielmarkt hätten die „emerging markets“, also Ländern wie Indien, China, Russland oder Brasilien, stark wachsende Bedeutung.

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