Podium in Bad Tölz: Herausforderungen und Zukunft des Ehrenamts im Tourismus

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Ausbildung Bergwacht Bayern

 

Am 9. Dezember diskutierten Vertreter:innen von Tourismusorganisationen und Rettungsdiensten in Bad Tölz über die Rolle des Ehrenamts im Outdoor-Tourismus in Oberbayern. Die von Tourismus Oberbayern München e.V. (TOM e.V.) organisierte Podiumsdiskussion beleuchtete Herausforderungen wie mangelnde Wertschätzung und formulierte Forderungen für die Zukunft. Der TOM e.V., die Bergwacht Bayern, der Alpenverein München & Oberland, die Wasserwacht und der DLRG waren sich einig: Ehrenamtliche Arbeit ist unverzichtbar und Grundlage für die touristische Infrastruktur und Sicherheit.

Ehrenamt als unverzichtbare Basis des Tourismus

Ehrenamtliche leisten einen entscheidenden Beitrag zur Sicherheit und Qualität des Outdoor-Tourismus in Oberbayern. Ob Wanderwege, Rettungseinsätze oder Naturschutzmaßnahmen – ohne ihren Einsatz sei der Tourismus in der Region nicht in dieser Form möglich. Dennoch bleibe diese Arbeit oft unsichtbar und werde von der Öffentlichkeit kaum gewürdigt.

„Tourismus in Oberbayern wäre ohne Ehrenamt so nicht erlebbar“, betonte Oswald Pehel, Geschäftsführer von TOM e.V. „Tourismus ist sehr breit gefächert und der Erfolg besteht nicht nur aus reinen Übernachtungszahlen – deswegen muss man ihn vielseitig denken, so vielseitig wie die unterschiedlichen Ehrenämter selbst. Das Ehrenamt braucht eine größere Plattform und wir brauchen gesamtgesellschaftlich mehr Bewusstsein für die harte und wichtige Arbeit, die dort Tag für Tag - in der Freizeit der ehrenamtlichen Helfer:innen für unser Freizeiterlebnis - geleistet wird.“

Herausforderungen: Von Vorurteilen bis Ressourcenmangel

Ehrenamtliche Rettungskräfte kämpfen nicht nur mit ihren Einsätzen, sondern oft auch mit Vorurteilen. „Viele sehen uns als ‚Spaßbremsen‘, wenn wir bei Einsätzen einen Weg sperren müssen,“ erklärte Sophie Hoffmann von der Wasserrettung der DLRG Pöcking-Starnberg. Die DLRG ist die größte Wasserrettungsorganisation der Welt. „Oder sie beschimpfen uns als Rowdys, wenn schnelle Fahrten bei Rettungseinsätzen notwendig sind“, ergänzte Oliver Jauch von der Kreiswasserwacht Starnberg. Dabei wünsche man sich etwas mehr Dankbarkeit für den Einsatz in der Freizeit.

Auch die Bergwacht berichtete von den Herausforderungen: „Unsere Arbeit ist eine Verbindung aus Fachwissen und Leidenschaft. Aber sie erfordert immense zeitliche und finanzielle Ressourcen – oft auf Kosten anderer Lebensbereiche“, hob Johannes Kuntze-Fechner von der Bergwacht Bad Tölz hervor. 15 Diensttage pro Jahr an den Wochenenden, wöchentliche Abendtrainings und 30 bis 50 Einsätze mit rund zwei Stunden Einsatzzeit: „Da braucht man keine anderen Hobbys mehr,“ scherzte er.

Dennoch gebe es auch Lichtblicke: Dankbarkeit, Respekt und die Kameradschaft untereinander motivieren viele Ehrenamtliche, sich weiterhin einzubringen.

Wertschätzungskampagne 2025 geplant

Der TOM e.V. kündigte eine Wertschätzungskampagne für 2025 an, die unter anderem auch Ehrenamtliche sichtbarer machen und die Gesellschaft stärker für ihre Bedeutung sensibilisieren soll. „Ehrenamt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Oswald Pehel.

„Jeder kann dazu beitragen – ob durch Spenden, Mitgliedschaften oder eigenes Engagement“, ergänzte Manfred Zink vom Alpenverein München & Oberland. Der Alpenverein sorge für sichere Wanderwege und Naturschutz in Alpingebieten und sei nach dem FC Bayern München der zweitgrößte Sportverein der Bundesrepublik.

Respekt und Eigenverantwortung im Tourismus

„Die Gäste müssen sich fragen: Kann ich meine Aktivitäten sicher ausüben? Wie verhalte ich mich rücksichtsvoll? Kenne ich die Wetterlage?“, betonte Sophie Hoffmann. Eigenverantwortung jedes Einzelnen sei essenziell.

Volker Eisele, Vorstand der Stiftung Bergwacht, betonte: „Den Leuten muss bewusst sein, welche Kette sie auslösen, wenn sie den Notruf wählen. Das sollte nicht leichtfertig geschehen.“

Das deckte sich mit der Einschätzung von Roland Ampenberger: „Der Berg ist eine andere Welt als die Kletterhalle. Die Erwartungshaltung der permanenten Verfügbarkeit wird aber mit in den Outdoor-Bereich getragen: Das durch Starkregen abgerutschte Wanderwege nicht in einem Tag wieder instandgesetzt sind, versteht bei weitem nicht jede:r.“

Oswald Pehel bestätigte: „Erlebnisqualität ist eine Aufgabe für jede:n von uns. Wir müssen die Natur einerseits zugänglich halten, aber eben auch die Tourist:innen noch stärker sensibilisieren.“

Klimawandel und Digitalisierung: Neue Herausforderungen

Der Klimawandel verändere nicht nur die Natur, sondern auch die Einsätze der Rettungskräfte. "Wir haben Lawineneinsätze im September und Wanderer in kurzen Hosen im Dezember“, so Kuntze-Fechner. Hinzu kämen Gäste, die aufgrund von Social-Media-Trends entlegene Orte aufsuchen, oft ohne entsprechende Erfahrung.

Andererseits nutzen die Organisationen selbst die neuen Medien, um ihre Zielgruppen zu erreichen: unter anderem auch den dringend benötigten Ehrenamts-Nachwuchs. Auch hier gälte als Maxime in Richtung Tourismus, Bewusstsein und Sensibilisierung der Reisenden zu schaffen, indem durch authentische Bilder und gut recherchierte Inhalte ein respektvoller Umgang mit den Bergen und Seen in den Vordergrund rückt.

TOM e.V. tue dies bereits an vielen Stellen: zum Beispiel mit dem eigens entwickelten Ausflugsticker, der Dank Echtzeit-Auslastungsdaten Besucherströme smart lenken und touristische Hot Spots entlasten soll. Auch Initiativen des Alpenvereins München & Oberland setzen mit dem Bergbus oder den neu ins Leben gerufenen Mitfahrbankerln im Bereich der Mobilität an.

Kuchenverkauf reicht nicht: Ehrenamt benötigt viel Unterstützung

Bei der Führung durch das Trainings- und Simulationszentrum in Bad Tölz demonstrierte Volker Eisele, wie aufwendig die Ausbildung und wie vielseitig die Einsätze von Ehrenamtlichen sind. „Der Betrieb des Zentrums für alle bayerischen Einsatzkräfte der Blaulichtorganisationen gelingt Dank der umfangreichen Förderung durch den Freistaat Bayern. Dennoch ist auch hier die Stiftung Bergwacht auf zusätzliche Mittel, durch Partnerschaften und Zuwendungen für die Finanzierung der Gesamtkosten angewiesen“, so Eisele.

Spenden und Fördermitgliedschaften seien eine wichtige Finanzierungsquelle der Bergwacht Bereitschaften vor Ort. Die unmittelbaren Unterstützungen aus dem lokalen Tourismus durch Bahnbetriebe oder der Hotellerie sollen ebenfalls weiterhelfen. Denn Kuchenverkauf allein sei nicht ausreichend, um einen sicheren und qualitativ hochwertigen Ausbildungsstandard und den laufenden Betrieb zu sichern.

 

Weitere Informationen: https://top.oberbayern.de/

Bild: © Peter Musch, Ausbildung Bergwacht Bayern