Wissenschaftler entwickeln Lösungen für nachhaltige Wasserversorgung in Urlaubsorten

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v.l.n.r. Erster BeigeordWissenschaftler entwickeln Lösungen für nachhaltige Wasserversorgung in Urlaubsortenneter Karl Heinz Weis, Stadtbürgermeister Hans Peter Döpgen, Anna Lena Struch, Bürgermeister Jürgen Hoffmann und Yannick Jaeckert

 

In vielen europäischen Küstenregionen spielt der Tourismus eine zentrale Rolle für die Wirtschaft. Auf der kroatischen Insel Krk und dem umliegenden Festland ist der Tourismus besonders in den Sommermonaten entscheidend. Doch während dieser heißen und trockenen Zeit stößt die lokale Trinkwasserversorgung an ihre Grenzen. Wissenschaftler des ISOE – Instituts für sozial-ökologische Forschung haben nun untersucht, wie der hohe Wasserbedarf auf Krk durch nachhaltige Bewirtschaftungsstrategien gedeckt werden kann.

Die Herausforderungen

Die Adriaküste und insbesondere die Insel Krk haben mit einem stark steigenden Wasserbedarf zu kämpfen, der zu einer erheblichen Belastung der Wasserressourcen führt. Grund- und Oberflächenwasser auf der Insel sowie auf dem umliegenden Festland werden knapp und die Wasserqualität sinkt. „Der hohe Bedarf an Trinkwasser auf Krk wird wie in vergleichbaren Regionen auch ganz wesentlich durch die boomende Tourismusindustrie verursacht, aber wir sehen auch, dass die Auswirkungen des Klimawandels den Druck auf die Wasserressourcen erheblich erhöhen“, sagte Robert Lütkemeier, Wasserforscher am ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung und Co-Leiter der Forschungsgruppe regulate. „Die Wasserbewirtschaftung in touristischen Regionen erweist sich unter diesen Voraussetzungen zunehmend als Herausforderung, weil sie komplexer und unsicherer wird.“

Wie kann unter diesen Bedingungen eine sichere und nachhaltige Wasserversorgung aussehen? Robert Lütkemeier hat diese Frage mit den Kolleginnen der Forschungsgruppe regulate Linda Söller und Dženeta Hodžić im Zuge eines sogenannten Co-Design-Prozesses untersucht. Lokale Akteure aus Wasserwirtschaft, Tourismus, Regierung und Verwaltung entwickelten mit Wissenschaftler*innen ein gemeinsames Problemverständnis und ein geteiltes Zielbild, zudem tauschten sie Fachwissen und Erfahrungen aus, um so zu praktikablen Lösungen zu kommen. Mit diesem kollaborativen Ansatz konnte die Forschungsgruppe schließlich gemeinsam mit den Akteuren geeignete Maßnahmen für ein nachhaltiges (Grund-)Wassermanagement entwickeln.

Die Lösungen

In einer Publikation zu diesem in einem etwa dreijährigen Prozess entwickelten „Wasser-Tourismus-Nexus“ zeigt die Autorengruppe zum einen die Auswirkungen von Klimawandel und Tourismus auf die Wasserressourcen auf. Zum anderen erläutert sie, wie die Bewirtschaftung von Wasser so gelingen kann, dass eine ausreichende Wasserversorgung für Einheimische und Touristen gewährleistet und gleichzeitig die Natur und die wirtschaftliche Vitalität der Insel geschützt werden kann.

„Die im Co-Design-Prozess erarbeiteten Maßnahmen umfassen Managementstrategien, die sich sowohl an die Nachfrage- als auch an die Angebotsseite der Wasserversorgung richten und auf eine nachhaltige und faire Nutzung zielen“, sagte Lütkemeier, der am ISOE auch das Forschungsfeld Wasser und Landnutzung leitet. Für Wasserversorger ergibt sich daraus ein Mix aus Möglichkeiten, der vor allem auf den Ersatz von Trinkwasser zielt – für Bedarfe, die nicht zwangsläufig Trinkwasserqualität erfordern. Entsprechend empfiehlt die Forschungsgruppe alternative Wasserquellen wie Regenwassernutzung, Wasserwiederverwendung oder die Entsalzung von Meerwasser.

Sensibilisierung und Engagement

„Wir müssen nicht nur auf der Angebotsseite, sondern auch mit Blick auf die Nachfrage zu einem nachhaltigen Umgang mit Wasser gelangen“, erklärte Lütkemeier, „dafür eignen sich zum Beispiel ordnungspolitische Maßnahmen, die einen unkontrollierten touristischen Zustrom unterbinden.“ Dazu gehören die Begrenzung des Ausbaus von Unterkünften, die Verringerung von Bauflächen und die Überprüfung von Wohnsitzen. Auch die Einführung angepasster Wassergebühren wird empfohlen, das heißt verbrauchsabhängige oder saisonale Gebühren, die die Spitzenbedarfe der Wassernutzung abmildern und die entstehenden Kosten gerecht auf Touristen und Bewohner der Insel verteilen.

Darüber hinaus schlagen die Wissenschaftler*innen Sensibilisierungskampagnen vor, die sich sowohl an Touristen als auch an Einheimische richten, um ein Bewusstsein für die Vulnerabilität der Wasserressourcen auf der Insel deutlich zu machen und das individuelle Engagement zur Wassereinsparung zu fördern. „Damit die empfohlenen Maßnahmen langfristig und erfolgreich umgesetzt werden können, ist es von großer Bedeutung, dass die Beteiligten, die den Wasser-Tourismus-Nexus mitgestaltet haben, auch zukünftig kontinuierlich zusammenarbeiten“, sagte Lütkemeier. Das betrifft Vertreter*innen der lokalen Gemeinden und politische Entscheidungsträger*innen, Verantwortliche aus Wirtschaft und Tourismus und Wissenschaftler*innen. Neben kollektivem Engagement müssten zudem die politischen und finanziellen Rahmenbedingungen verändert werden, so dass die Einführung und Verbreitung alternativer Wasserquellen unterstützt und die Einhaltung von Vorschriften sowie die ökologische Nachhaltigkeit gewährleistet wird.

Über die Publikation und die Forschungsgruppe

Die Ergebnisse der Fallstudie zur Insel Krk verstehen die Autor*innen als übertragbaren Ansatz für eine nachhaltige Wasserwirtschaft auf ähnliche Regionen, wie beispielsweise den Mittelmeerraum. „Überall dort, wo für eine nachhaltige Wasserversorgung die Bedarfe unterschiedlicher Interessengruppen berücksichtigt und mit der wirtschaftlichen Entwicklung in Einklang gebracht werden müssen, können unsere Ergebnisse zum Wasser-Tourismus-Nexus am Beispiel der kroatischen Insel Krk als Blaupause dienen“, sagte Robert Lütkemeier. Um die Ergebnisse möglichst vielen Küstengemeinden der Region zugänglich zu machen, liegt die Publikation auch in kroatischer Sprache vor.

 

Weitere Informationen: www.regulate-project.eu

Bild: ATDS auf Pixabay