Kommt Überbrückungshilfe künftig schneller? EU-Rahmen für Beihilfen in der Coronakrise wird verlängert und erweitert

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Klingt nach einer guten Nachricht aus Brüssel. Die Europäische Kommission hat nach einer einwöchigen Konsultation der Mitgliedstaaten beschlossen, den Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Unterstützung der Wirtschaft in der Corona-Pandemie bis zum 31. Dezember 2021 zu verlängern - und den Anwendungsbereich auszuweiten. Damit scheint eine Bremse bei der Auszahlung der Hilfen behoben.

Die Obergrenzen für Hilfen an einzelne Unternehmen werden demnach angehoben. Zudem wird die Umwandlung bestimmter rückzahlbarer Instrumente in direkte Zuschüsse bis Ende nächsten Jahres erlaubt. „Auf diese Weise versetzen wir die Mitgliedstaaten in die Lage, die Flexibilität der Beihilfevorschriften in vollem Umfang zu nutzen, um ihre Volkswirtschaften zu unterstützen, und gleichzeitig Wettbewerbsverzerrungen zu begrenzen“, sagte die für Wettbewerbspolitik zuständige Vizepräsidentin Margrethe Vestager.

Die Kommission prüfe demnach laufend, ob eine weitere Anpassung des befristeten Beihilferahmens nötig sei. Der vorübergehende Gemeinschaftsrahmen sollte ursprünglich am 30. Juni 2021 auslaufen, mit Ausnahme der Rekapitalisierungsmaßnahmen, die bis zum 30. September 2021 gewährt werden können. Angesichts der fortbestehenden Pandemie werde mit der Änderung die Geltungsdauer aller Maßnahmen, einschließlich der Rekapitalisierungsmaßnahmen, bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.

Erhöhte Beihilfeobergrenzen

In Bezug auf begrenzte Beihilfebeträge, die nach dem befristeten Rahmen gewährt werden, werden die bisherigen Höchstbeträge pro Unternehmen nun effektiv verdoppelt (unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von De-minimis-Beihilfen). Die neuen Höchstbeträge belaufen sich demnach auf 225.000 Euro pro Unternehmen, das in der Primärproduktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen tätig ist (vorher 100.000 Euro), 270.000 Euro pro Unternehmen, das im Fischerei- und Aquakultursektor tätig ist (vorher 120.000 Euro), und 1,8 Mio. Euro pro Unternehmen, das in allen anderen Sektoren tätig ist (vorher 800.000 Euro). Wie bisher können diese mit De-minimis-Beihilfen von bis zu 200.000 Euro pro Unternehmen (bis zu 30.000 Euro pro Unternehmen im Fischerei- und Aquakultursektor und bis zu 25.000 Euro pro Unternehmen im Landwirtschaftssektor) über einen Zeitraum von drei Geschäftsjahren kombiniert werden, sofern die Anforderungen der jeweiligen De-minimis-Regelung erfüllt werden.

Für Unternehmen, die von der Coronakrise besonders betroffen sind und im Förderzeitraum Umsatzeinbußen von mindestens 30 Prozent im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2019 haben, kann der Staat einen Beitrag zu dem Teil der Fixkosten der Unternehmen leisten, der nicht durch die Einnahmen gedeckt ist, und zwar in Höhe von bis zu 10 Mio. Euro pro Unternehmen (bisher 3 Mio. Euro).

DRV zufrieden

„Das ist ein wichtiger Schritt, um die leistungsstarke Infrastruktur der Reisewirtschaft über die Corona-Pandemie zu erhalten“, heißt es beim Deutschen Reiseverband (DRV). Mit der Entscheidung aus Brüssel können Unternehmen nun Wirtschaftshilfen in Höhe von bis zu 12 Millionen Euro geltend machen.

Der DRV hatte schon in der vergangenen Woche gefordert, den Beihilferahmen auch für die ÜIII für die von der Corona-Krise stark betroffenen Unternehmen der Reisewirtschaft zu erhöhen. Die Ausweitung und Verlängerung ist Grundlage dafür, dass die EU-Staaten heimische Unternehmen stützen können, ohne EU-Recht zu verletzen. Der Befristete Rahmen der Europäischen Kommission stellt die beihilferechtliche Grundlage für zahlreiche deutsche Hilfsmaßnahmen während der Pandemie dar. Hierauf gestützt sind beispielsweise die Überbrückungshilfe, verschiedene KfW-Kredite sowie Teile der außerordentlichen Wirtschaftshilfe (November-/Dezemberhilfe). Mit den beschlossenen Änderungen wird der beihilferechtliche Spielraum für eine effektive Unterstützung der Unternehmen in der Pandemie maßgeblich erweitert.

Umwandlung von rückzahlbaren Instrumenten in direkte Zuschüsse

Die Kommission wird den Mitgliedstaaten auch die Möglichkeit geben, bis zum 31. Dezember 2022 rückzahlbare Instrumente (z. B. Bürgschaften, Darlehen, rückzahlbare Vorschüsse), die auf der Grundlage des befristeten Rahmens gewährt wurden, in andere Beihilfeformen, wie z. B. direkte Zuschüsse, umzuwandeln. Grundsätzlich darf eine solche Umwandlung die neuen Höchstgrenzen für begrenzte Beihilfebeträge nicht überschreiten (225.000 Euro je Unternehmen, das in der Primärproduktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse tätig ist, 270.000 Euro je Unternehmen, das im Fischerei- und Aquakultursektor tätig ist, und 1,8 Mio. Euro je Unternehmen, das in allen anderen Sektoren tätig ist). Damit sollen Anreize für die Mitgliedstaaten geschaffen werden, in erster Linie rückzahlbare Instrumente als Form der Beihilfe zu wählen.

Zustimmung auch aus Österreich

Als „extrem positive und wichtige Nachricht“ bezeichnet Österreichs Tourismusministerin Elisabeth Köstinger die lang erwartete Ausweitung des Beihilfenrechtsrahmens durch die Europäische Union. „Gerade für die Tourismus-Branche war der bisherige Deckel von 800.000 Euro ein großes Problem, viele Betriebe sind an diese Grenze gestoßen und konnten damit keine Hilfen mehr beantragen. „Die Erhöhung auf 1,8 Mio. Euro bzw. auf 10 Mio. Euro für direkt Betroffene ist eine gute Nachricht und nicht zuletzt auch ein Verhandlungserfolg Österreichs", glaubt die Minsterin.

„Seit Monaten haben wir Druck auf die EU-Kommission gemacht, immer und immer wieder das Gespräch gesucht und verhandelt. Nun hat sich diese Hartnäckigkeit bezahlt gemacht und wir können Betriebe, die sonst an die Deckelung gestoßen wären, weiterhin unterstützen und durch die Krise bringen. Besonderen Dank sprach Köstinger Finanzminister Gernot Blümel aus. „Er hat nicht lockergelassen und viel dazu beigetragen, dass die Kommission nun eingelenkt und die Obergrenzen angehoben hat. Für die heimische Tourismuswirtschaft ist das eine Erleichterung, die so manchem Betrieb das Überleben sichern wird.“

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