Reiseverbot, Reisewarnung, Risikogebiet? DRV fordert "intelligente Teststrategie" statt Schlingerkurs

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Flughafen leer

 

„Der Schlingerkurs der Bundesregierung bei Reisen ist schädlich. Er verunsichert Reisende und schadet der Reisewirtschaft“, kommentiert Dirk Inger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Reiseverbandes (DRV), die jüngsten Entscheidungen, die gestern seitens der Bund-Länder-Runde vorgestellt wurden.

Dabei wird jetzt aufgerufen, auf Reisen in Risikogebiete zu verzichten. Noch vor wenigen Tagen hatte Gesundheitsminister Spahn bei der Einstufung Spaniens als Risikogebiet hervorgehoben, dass Reisen unter Beachtung der Hygienemaßnahmen möglich seien. Reisewarnungen seien kein Reiseverbot, so der Bundesgesundheitsminister. „Es wird politisch mit Begriffen hantiert, die verunsichern und kaum zu unterscheiden sind: Reiseverbot, Reisewarnung, Risikogebiet, jetzt sogar noch ein Verzichtsappell nicht zu reisen. Wir brauchen stattdessen klare Regeln und eine klar erkennbare Strategie“, forderte Inger.

Die Reisewirtschaft erwarte von der Politik verlässliche Entscheidungen, die sich auf wissenschaftlich belegte, objektive Fakten stützen. „Was wir nicht brauchen: Gefühlsgeleitete Entscheidungen, die sich in kurzen Abständen wieder ändern: Darunter leiden alle, vor allem die Reisebranche, ihre Kunden – und nicht zu vergessen die gesamte exportorientierte Wirtschaft Deutschlands, die auf internationalem Austausch basiert, grenzüberschreitend tätig ist und auf Geschäftsreisen und verlässliche Rahmenbedingungen angewiesen ist“, so DRV-Hauptgeschäftsführer Inger.

Die Faktenlage aus Sicht des DRV

  • Fakt sei, dass die klassischen Urlaubsländer und deren „Rückkehrer“ nachweislich nicht das Problem seien und im Vergleich in äußerst geringem Ausmaß Corona „mitbrächten“. Dieses gehe aus Daten der Flughäfen hervor, die freiwillige Rückkehrer testen. Auch die Zahlen des RKI belegten das ganz eindeutig. Auf Platz 1 der Corona-Infektionen aus dem Ausland steht Kosovo. Das sei kein klassisches Urlaubsland der Deutschen.Vielmehr seien es individuelle Reisebewegungen, meist mit dem Auto, zu Freunden, zu Familien, Verwandten. Menschen verhielten sich mitunter falsch, halten die AHA-Formeln nicht ein, würden unvorsichtig – und stecken sich mit COVID-19 an. Das passiere im Inland, in Risikogebieten und auch in Ländern, für die keine Reisewarnung ausgesprochen wurde. Statt politisch sauber zu differenzieren, würden Urlauber, Geschäftsreisende und die ganze Reisewirtschaft pauschal zur Verantwortung gezogen. Noch mehr: Reisebüros und Reiseveranstalter würden durch Entzug der Geschäftsgrundlage bestraft. Das sei nicht verhältnismäßig und entbehrt wissenschaftlicher Grundlage.
    Aus den Daten des RKI sei klar erkennbar, dass sich die Menschen vorwiegend, mit großem Abstand, im eigenen Haushalt ansteckten, d.h. zuhause. Dann folgten medizinische Behandlungsstätten. Dann der Arbeitsplatz, dann die Ausbildungsstätten und dann Schulen und Kitas. Urlaub, Restaurants und Verkehrsmittel dagegen stünden weit hinten auf der Liste.
  • Wenn jetzt die Themen Urlaub und Reisen an den Pranger gestellt werden, sei das nicht zielführend – es sei Augenwischerei und Aktionismus. Und das füge der Reisewirtschaft Schaden zu. Die politischen Entscheidungsträger sollen sich aus Sicht des DRV vor Augen führen: Rund 11.000 Reisebüros und über 2.300 Reiseveranstalter mit fast 100.000 Mitarbeitern würden durch den Zickzackkurs der Bundesregierung gefährdet. Insgesamt stelle die Reisebranche rund drei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland. Weltweit, darauf hat die UNWTO erst kürzlich hingewiesen, gehe es um 120 Millionen Arbeitsplätze. Und in vielen Staaten gebe es keine Kurzarbeitsregelungen, keine Überbrückungshilfe, kein Arbeitslosengeld. Das führe in vielen Staaten in die Armut, zu Hunger, mitunter auch zu häuslicher Gewalt. Betroffen seien wie immer vor allem die sozial Schwachen und hier vor allem Frauen.
  • Fakt Testen: Wer viel teste, erfahre viel und das sei gut, denn je mehr bekannt sei, desto zielgenauer könne die Epidemie bekämpft werden. Darum müsse es gehen: Zielgenaues Bekämpfen. Die Reisewirtschaft habe das verstärkte Testen ausdrücklich begrüßt, gerade was Reisen aus Risikoländern betreffe. Wenn man an Testkapazitätsobergrenzen komme, müsste intelligenter getestet werde. Nicht ausnahmslos alle (auch wenn es wünschenswert wäre), sondern eben die, die aus Hochrisikogebieten kämen – also nicht die klassischen Urlaubsländer, sondern Länder wie Kosovo, Serbien, Bosnien und Herzegowina, aus denen Rückkehrer von Verwandten- und Familienbesuchen kämen.

„Wir fordern die Bundesregierung daher auf, eine kluge, konsequent risikobasierte Teststrategie zu entwickeln“, so DRV-Hauptgeschäftsführer Inger.

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