Konjunkturpaket: Überbrückungshilfen für Reisebüros & Co., Mehrwertsteuersenkung, klimafreundliche Mobilität, Digitalisierung

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Olaf Scholz

 

Die Ergebnisse des Koalitionsausschusses vom 3.Juni 2020 liegen vor - und sie sind 130 Milliarden Euro schwer. Die Reisebranche, v.a. Reisebüros, das Hotel- und Gastgewerbe, Jugendherbergen, Clubs, Bars, Veranstaltungsstätten haben hohe Erwartungen damit verbunden. Was sind die für die Tourismusbranche wichtigen Inhalte des Konjunkturpakets?

"Es ist ein ambitioniertes Programm", sagte die Kanzlerin in der offiziellen Pressekonferenz. Bundesfinanzminister Olaf Scholz wurde noch deutlicher: "Wir wollen mit Wumms aus der Krise kommen." Es gelte, den Konsum zu beleben und zugleich strukturelle Veränderungen zu treffen, die weit ins Jahrzehnt hereinreichen.

Nur in einem Punkt werden die Unternehmen der Tourismusbranche konkret erwähnt, doch das scheint existenziell zu sein. Insgesamt sieht das Programm drei Handlungsfelder vor.

  • Ein Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket
    • die Konjunktur stärken, Arbeitsplätze erhalten und die Wirtschaftskraft Deutschlands entfesseln,
    • im weiteren Verlauf auftretende wirtschaftliche und soziale Härten abfedern,
    • Länder und Kommunen stärken und
    • junge Menschen und Familien unterstützen.
  • Ein Zukunftspaket
    • die Rolle als weltweiter Spitzentechnologieexporteur durch digitale Zukunftsinvestitionen und Investitionen in Klimatechnologien stärken
    • das Gesundheitswesen stärken und den Schutz vor Pandemien verbessern.
  • Internationale Verantwortung
    • Europa unterstützen und Hilfe für ärmere Länder leisten.

 

Überbückungshilfen für die Tourismusbranche und das Gastgewerbe

Im Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket überrascht vor allem die Mehrwertsteuersenkung. Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland wird befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 der Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% und von 7% auf 5% gesenkt.

Von existenzieller Bedeutung für viele Unternehmen der Reisebranche dürften die Überbrückungshilfen sein. Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen wird für Corona-bedingten Umsatzausfall ein Programm für diese Hilfen aufgelegt. Das Volumen des Programms wird auf maximal 25 Mrd. Euro festgelegt. Die Überbrückungshilfe wird für die Monate Juni bis August gewährt.

Die Überbrückungshilfe gelte branchenübergreifend, wobei den Besonderheiten der besonders betroffenen Branchen wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterer, Kneipen, Clubs und Bars, als Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten wie Jugendherbergen, Schullandheime, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Reisebüros, Profisportvereinen der unteren Ligen, Schaustellern, Unternehmen der Veranstaltungslogistik sowie Unternehmen im Bereich um Messeveranstaltungen angemessen Rechnung zu tragen sei.

Antragsberechtigt sind Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen seien und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauerten. Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden seien, seien die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen.

Erstattet werden demnach bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag betrage 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis 10 Beschäftigten 15.000 Euro nur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen.

Geltend gemachte Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten seien durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in geeigneter Weise zu prüfen und zu bestätigen. Überzahlungen seien zu erstatten. Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.

 

Jugendherbergen und Kulturbetriebe nicht vergessen

Zur Stabilisierung gemeinnütziger Organisationen, darunter Jugendherbergen, Familienferienstätten, Schullandheime und andere gemeinnützige Kinder- und Jugendunterkünfte legt der Bund für die Jahre 2020 und 2021 zudem ein Kredit-Sonderprogramm über die KfW auf und stellt dafür eine Milliarde Euro bereit.

Kunst und Kultur sollen zur Wiederaufnahme ihrer Häuser und Programme ertüchtigt werden. Das bedeutet: Es wird ein Programm zur Milderung der Auswirkungen der Corona-Pandemie im Kulturbereich aufgelegt, aus dem insbesondere die Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur, Nothilfen, Mehrbedarfe von Einrichtungen und Projekten und die Förderung alternativer, auch digitaler Angebote gefördert werden sollen.

Hinzu kommen u.a.:

  • eine Erweiterung des steuerlichen Verlustrücktrages
  • ein steuerlicher Investitionsanreiz in Form einer degressiven Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25% Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter
  • Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen soll ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden, um einen schnellen Neustart nach einer Insolvenz zu ermöglichen.
  • geplante Aufträge und Investitionen des Bundes sollen jetzt vorgezogen werden
  • das Vergaberecht soll temporär vereinfacht werden

Einmalig erhalten Eltern 300 Euro pro Kind. Für Alleinerziehende werden die Freibeträge verdoppelt. Länder und Kommunen sollen durch mehrere Maßnahmen entlastet werden, z.B. eine Gewerbesteuerkompensation, eine Übernahme der Kosten für die Unterkunft von Bedürftigen, Förderungen für den ÖPNV etc.

 

Mobilität soll klimafreundlicher werden

Vor allem im 50 Mrd. schweren Zukunftspaket finden sich zahlreiche Pakete zur Förderung der Klimafreundlichkeit. Wichtige Stellschraube ist die Mobilität. Eine Kaufprämie für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren wird es nicht geben, aber: Im bestehenden System sollen die Prämien des Bundes für Elektrofahrzeuge als neue „Innovationsprämie“ verdoppelt werden. Die Prämie der Hersteller bleibe davon unberührt. Das bedeutet zum Beispiel, dass bis zu einem Nettolistenpreis des E-Fahrzeugs von bis zu 40.000 Euro die Förderung des Bundes von 3.000 auf 6.000 Euro steigt.

Doch die Autoindustrie soll noch anders profitieren: Für Zukunftsinvestitionen der Fahrzeughersteller und der Zulieferindustrie
wird für die Jahre 2020 und 2021 ein Bonus-Programm in Höhe von 2 Mrd. aufgelegt. In die Ladesäulen-Infrastruktur sollen 2,5 Milliarden Euro zusätzlich fließen, v.a. in den Ausbau moderner und sicherer Ladesäulen-Infrastruktur, die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Elektromobilität und die Batteriezellfertigung.

 

Stützung der Bahn

Die angeschlagene Bahn wird ebenfalls unterstützt. Der Bund hat bereits im Rahmen des Klimaschutzprogramms 2030 beschlossen, sich von 2020 bis 2030 jährlich mit 1 Mrd. Euro zusätzlichen Eigenkapitals an der Deutschen Bahn zu beteiligen. Dadurch werde die Deutsche Bahn in die Lage versetzt, zusätzliches Kapital in die Modernisierung, den Ausbau und die Elektrifizierung des Schienennetzes und das Bahnsystem zu investieren. Um dieses Ziel auch angesichts der Corona-bedingten Einnahmeausfälle weiter realisieren zu können, will der Bund weiteres Eigenkapital in Höhe von 5 Mrd. Euro zur Verfügung stellen.

Durch Programme zur Flottenerneuerung, Investitionen in die Schifffahrt und moderne Flugzeuge sollen zusätzliche Akzente gesetzt werden. Zudem soll es eine „Nationale Wasserstoffstrategie“ geben.

Weiterhin werden gefördert:

  • ein Digitalisierungsschub in der Verwaltung
  • Künstliche Intelligenz
  • Quantentechnologien
  • zukünftigen Kommunikationstechnologien 5G/6G
  • Glasfaser-Breitbandausbau
  • Programm „Smart City“

Zudem soll das Gesundheitswesen massiv gefördert werden, um künftig resilienter gegenüber Pandemien zu werden.

Hier geht es zum vollständigen Programm.

 

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