Markt für Fernlinienbusse wird liberalisiert

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Durchbruch zur Novellierung des Personenbeförderungsgesetzes: Damit wird das deutsche Recht für den Öffentlichen Personennahverkehr an den geltenden EU-Rechtsrahmen angepasst und der Markt für Fernlinienbusse liberalisiert werden.

Demnach haben sich die  Bundestagsfraktionen von SPD, CDU/CSU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen im parlamentarischen Verfahren auf einen Kompromiss zwischen dem Regierungsentwurf und dem Gesetzentwurf von SPD und Grünen geeinigt.

Seit Mai liefen Verhandlungen zwischen den vier Fraktionen, an denen auch Vertreter des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und viele Länderministerien beteiligt gewesen seien. Bei der abschließenden Verhandlung einigten sich die Vertreter der vier Fraktionen auf die Einbringung eines gemeinsamen Änderungsantrags zum Gesetzentwurf, der im Herbst im Bundestag abschließend beraten werden soll. Auch die Ländervertreter, unter ihnen zahlreiche Staatssekretäre, unterstrichen die Absicht, den gefundenen Kompromiss im Bundesrat zügig umzusetzen. Damit sei der Weg frei für ein erneuertes Gesetz. Bei allen Beteiligten sei eine hohe Bereitschaft zum Kompromiss vorhanden gewesen.

Der Kompromiss beinhalte zum Einen die Anpassung des deutschen an das seit 2009 unmittelbar geltende neue europäische Recht für den Öffentlichen Nahverkehr (EU-Verordnung Nr. 1370/2007). Der Gesetzentwurf bringe Rechtssicherheit für Verkehrsunternehmen und deren Beschäftigte sowie kommunale Aufgabenträger.

Dabei schaffe er ein ausgewogenes Verhältnis zwischen dem unternehmerischen Interesse der Verkehrsunternehmen, insbesondere auch der kleinen und mittelständischen privaten Unternehmen, und trage der Gestaltungsverantwortung der kommunalen Aufgabenträger für ein ausreichendes Verkehrsangebot Rechnung.

Die Einigung umfasse zum Zweiten die lang erwartete Liberalisierung des Marktes für Fernlinienbusse. Sie schaffe die Voraussetzungen für ein neues Mobilitätsangebot im Fernverkehr. Im Wettbewerb um den neuen Markt sollen etablierte Verkehrsunternehmen, darunter auch kleine und mittelständische Busunternehmen, ebenso ihre Chance haben wie junge Unternehmen mit innovativen Geschäftsmodellen.

Details des Kompromisses

Im Bereich ÖPNV enthält der Kompromiss folgende Regelungen: Es gelte weiterhin der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre. Das unternehmerische Betätigungsfeld insbesondere für das mittelständisch geprägte Omnibusgewerbe sei gesichert. Gleichzeitig werde die Aufgabenverteilung von Aufgabenträger und Genehmigungsbehörde neu strukturiert. Die Aufgabenträger könnten dann Anforderungen an das Verkehrsangebot definieren, wenn sie bereit seien, dieses zu finanzieren. Sollte es kein eigenwirtschaftliches Angebot geben oder dieses von wesentlichen Anforderungen abweichen, könne dieser den Verkehrsauftrag nach Maßgabe der EU-Verordnung Nr. 1370/2007 vergeben.

Die Novelle passe damit das deutsche Recht an die in der EU-Verordnung vorgesehen Handlungsmöglichkeiten der Aufgabenträger zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, Eigenerbringung und Direktvergabe an.

Ergänzt werde die Novelle um eine Stärkung des Ziels der Barrierefreiheit im Nahverkehrsplan. Vom Ziel vollständiger Barrierefreiheit dürfe nach einer Übergangfrist bis 2022 nur noch in begründeten Ausnahmen abgewichen werden. Dies trage einerseits dem Recht auf barrierenfreien Zugang Rechnung, andererseits den hohen Investitionskosten für barrierefreie Infrastruktur.

Vereinbart wurde auch ein erster Schritt zur Erleichterung der Genehmigung von alternativen Bedienformen wie Anrufsammeltaxis, die im Zuge des demografischen Wandels an Bedeutung gewännen.

Im Bereich Fernbuslinien enthält der Kompromiss folgende Regelungen: Der Buslinienfernverkehr werde freigegeben. Zukünftig seien überall in Deutschland Fernbuslinien möglich, die untereinander und auch mit dem Eisenbahnfernverkehr konkurrieren dürften. Damit werde es ein völlig neues öffentliches Verkehrsangebot geben, das sich insbesondere an preissensible Kunden richten werde, denen Bahnfahren oft zu teuer sei.

Der Eisenbahnschutz und damit die grundsätzliche Versagung der Genehmigung für Fernbuslinien soll ganz entfallen. Ein Unterwegbedienungsverbot bei einem Haltestellenabstand bis zu 50 Kilometern oder einer Stunde Reisezeit schütze jedoch den öffentlich finanzierten Schienenpersonennahverkehr. Um einen fairen Wettbewerb und die Sicherheit der Fahrgäste zu gewährleisten, gelte eine besondere Aufmerksamkeit der Qualifikation der Fahrer und Einhaltung der Sozialvorschriften wie Lenk- und Ruhezeiten. Dazu bedürfe es einer wirksamen Kontrolle durch das Bundesamt für Güterverkehr.

Damit das neue Angebot auch für mobilitätseingeschränkte Menschen nutzbar sei, sollen nach angemessener Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2019 Fernlinienbusse barrierefrei sein. Neue Fernbusse müssten bereits ab dem 1. Januar 2016 mit mindestens zwei Plätzen für Rohlstuhlnutzer und den entsprechenden Einstiegshilfen (Hublifte) aufgestattet werden.

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