Brief aus Hong Kong #2/2021: Über Camping in Covid-Zeiten, weltweite Reise-Impf-Zertifikate und Thailands Langfristplan

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Brief aus Hong-Kong
 

 

Weltweit werden Strategien entwickelt, wie geimpfte Menschen wieder reisen können und dürfen. Andrea verschafft uns einen Überblick und zeigt zudem am Beispiel Thailands auf, wie eine Langfriststrategie bis zur vollständigen Öffnung aussehen könnte. Und wie immer erhalten wir einen Einblick in den Corona-Alltag in Hong Kong, Camping inbegriffen.

Seit Mitte März können die Schulen in Hong Kong wieder mit voller Schüleranzahl vor Ort Unterricht abhalten. Nach mehr als einem Jahr mehr oder weniger Homeschooling sehen wir langsam Licht am Ende des Tunnels. Es zeigt sich auch in den Schulen, dass die Hygienekonzepte und Social Distancing Regeln funktionieren.

Fähre nach Cheung ChauDie Schule meiner Kinder sollte eigentlich schon etwas früher vollständig aufgemacht werden, doch es gab einen positiven Covidfall eines Schülers. Die entsprechende Klasse, wie auch alle Familienangehörigen wurden innerhalb von 24 Stunden getestet. Die betroffene Familie musste in Qurantäne und die Schule wurde nochmals für drei Tage geschlossen, für eine Grundreinigung und um die Testergebnisse abzuwarten. Es war für uns das erste Mal, dass ein Covidfall relativ nah an uns dran war. Die Hotspots wurden schnell ermittelt und Betroffenen wurden getestet. Durch die Kontaktkontrolle via Tracing App und dann das schnelle Testen aller direkten Kontakte, verlor man nicht die Kontrolle über eine mögliche Ausbreitung. Die erlassenen Restriktionen traten nicht wieder in Kraft und alle Schulen und Kindergärten wurden wie angekündigt geöffnet.

HK 21 2 3 kletternWir haben letztes Wochenende ein Campingwochenende auf einer der vorgelagerten Inseln verbracht. Das “neue” Normal hier besteht vor allem weiterhin darin, konsequent einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, und zwar egal wo, und Social-Distancing-Regeln einzuhalten. Der Campingplatz war gut besucht, doch waren nicht mehr als vier Personen in einem Zelt erlaubt, entsprechende räumliche Abstände werden eingehalten, das Tragen eines Mund-Nasenschutzes auf dem Gelände ist Pflicht, ein strenges Hygienekonzept obligatorisch. Die ein oder andere Maßnahme erscheint einem etwas übertrieben, wie z.B. bei Outdooraktivitäten (siehe Bild), doch da wir noch mitten in der Pandemie stecken und Hong Kong noch keine Herdenimmunität hat, halten sich alle an die Regeln.



Thailands Plan bis zur vollständigen Öffnung

Hong Kong rollt auch sein Impfprogramm aus. Die Registrierung dafür ist effizient und unglaublich einfach. Dazu noch die freie Wahl zwischen Sinovac und BioNTech. Langsam ist eine Öffnung in Sicht. China erlaubt inzwischen Ausländern, wieder in China einzureisen, wenn sie mit Sinovac geimpft sind. Auch werden die Quarantänebestimmungen nach und nach auf das Impfgeschehen angepasst werden, d.h. in Kombination mit Testen wird eine Quarantäne nicht mehr in vollem Umfang notwendig sein. Thailand hat diesen Weg auch soeben verkündet. Ziel von Thailand ist, das Land ab 1. Oktober wieder vollständig zu öffnen. Dazu hat es einen 3 stufigen Plan ausgearbeitet.

HK 21 2 4 Bangkok

 

Der erste Schritt ist, dass der Quarantänezeitraum für ThailänderInnen und Foreign Arrivals ab dem 1. April auf 10 Tage gekürzt wird. Vom 1. April bis 30. September müssen alle Besucher, die in Thailand ankommen und ohne Impfzertifikat und Covid-19 “Free Certificate” sind, 10 Tage in Quarantäne und werden in dem Zeitraum zweimal getestet. Ab dem 1. Oktober wird keine Qurantäne mehr gefordert, vorausgesetzt, dass über 70% der Ärzte und weiteres medizinisches Personal geimpft sind.

Aktuell befinden wir uns in einem einem internationalen Wettlauf um das Impfen. Es scheint, dass die Welt sich in drei Typen von Covid-19-Ländern aufteilt . Zu einem gibt es Länder mit rigorosen und schnellen Impfprogrammen. Dazu gehören sicherlich Israel, die USA und Großbritannien. Dann gibt es Länder mit wenigen Covidfällen wie China, Taiwan, Australien, Japan und Hong Kong mit entsprechend geringerer Impfbereitschaft, da nicht die große Sorge einer Ansteckung besteht. Und zuletzt gibt es die Länder mit vielen neuen Covidfällen, und vergleichsweise wenigen Impfungen wie z.B. Frankreich, Deutschland und Spanien.

Tourismusunternehmen beginnen selbst zu impfen

Touristische Unternehmen wollen das Impfen inzwischen selbst in die Hand nehmen. Die Hotelkette Accor, Europas größte Hotelkette, hat das Ziel, alle seine Angestellten weltweit bis zum Sommer impfen zu lassen. Zur Accorgruppe gehören Novotel, Ibis und die Luxushotels Raffles – insgesamt mehr als 5.100 Hotels. Die Gruppe verzeichnete 2020 einen Verlust von 2bn Dollar, im Vergleich zu einen Gewinn in 2019 in Höhe von 464m Dollar. In Europa sind aktuell über 4.000 Hotels der Accorgruppe geschlossen. Unternehmen machen sich auch Sorgen um die Impfbereitschaft ihrer Mitarbeiter und sind bereit entsprechend finanzielle Anreize zu geben.

Israel hat es durch schnelles und konsequentes Impfen vorgemacht und gibt uns eventuell eine Idee von einer Post-Covid-Future. Israel hat eine der höchsten Impfraten der Welt, mehr als 50% seiner Bevölkerung haben inzwischen die zweite Dosis der Impfung erhalten. Nun versucht das Land seine Normalität wieder herzustellen, in Form eines Covid-19-Green-Pass, der Zutritt zu Aktivitäten gewährt wie z.B. Schwimmbädern, Restaurants, Nachtclubs oder Hotels.

Island hat auch Mitte März verkündet, seine Grenzen für geimpfte Ausländer aufzumachen. Besucher müssen bei Einreise einen Impfnachweis vorzeigen, ausgeschlossen sind aber noch die Impfprogramme aus China und Rußland. Und weitere Länder werden sicherlich dem Beispiel von Island, Griechenland und Thailand folgen. Aufgrund der unterschiedlichen Impfprogramme und -geschwindigkeiten wird es bei internationalen Reisen aber große Unterschiede geben. Die USA, Großbritannien, Israel und wenige weitere Länder sprinten Richtung Herdenimmunität, was eine Öffnung für den internationalen Reiseverkehr möglich macht. Dagegen habe aktuell erst ca. 7 % der EU-Bürger ihre erste Impfdosis erhalten. Ein langer Weg ist in Europa also noch zu gehen. In ärmeren Ländern wird das Ganze sicherlich bis 2023/2024 dauern. Ohne dass die Impfprogramme weltweit beschleunigt werden, wird die Welt im Großen und Ganzen “geschlossen” bleiben.

Reisen mit Zertifikat in der EU

Die EU hat am 17. März angekündigt, ein digitales Covid-Zertifikat für quarantäne-freies Reisen einzuführen. Die EU möchte mit seinen Mitgliedsländern ein abgestimmtes System erarbeiten, so dass spätestens im Sommer ein internationales Reisen stattfinden kann. Hierzu gibt es sehr viel Abstimmungsbedarf und es erfordert vor allem gemeinsame Anstrengungen bei der Impfkampagne und einer abgestimmten Öffnungsstrategie. Innerhalb der EU sind Griechenland und Spanien die Hauptunterstützer eines solchen digitalen Covid-Zertifikats und einer schnellen Öffnung. Die Hoffnung ist, dass damit ein Teil der Oster- und die Sommersaison zu retten ist.

Ob das mit den bisherigen und zukünftigen Maßnahmen möglich ist, bezweifle ich sehr. Wesentlich für einen solchen Pass bzw. Zertifikat und einer Öffnung wird es sein, ob wir es schaffen, einen standardisierten Verifikations- und Öffnungsprozess zu vereinbaren. Und dann auch, dass es im Anschluss nicht zu neuen Lockdowns kommen muss. Mit großer Verwunderung und Sorge lesen wir daher von Reisen nach Mallorca. Zeitgleich geht Deutschland in einen neuen Lockdown mit außerordentlich strengen Restriktionen über die Ostertage. Das in England bestehende Reiseverbot, aktuell sind keine Reisen ins Ausland erlaubt, endet nächste Woche Montag. Allerdings sind dann nur Reisen aus gewichtigem Grund möglich. Jedem, der versucht trotzdem ins Ausland zu reisen, zum Beispiel für Erholungszwecke, droht eine Strafe von 5.000 £.

Viele Menschen weltweit, meine Familie und ich eingeschlossen, wollen vor allem wieder Familie und Freunde sehen. Und zwar durch ein Reisen ohne Quarantäne bei der Einreise und Rückkehr. Da wird ein digitaler Impfpass und eine abgestimmte Strategie sicherlich helfen und ein guter Weg zur Öffnung sein - und dann auch ohne dass es weitere Lockdowns geben muss.

Wann lernt Deutschland aus seinen bisherigen Fehlern und verfolgt konsequent einen Weg aus der Pandemie? Ich hoffe immer noch, dass Deutschland im Sommer nicht Covid-Hochrisikoland sein wird. Doch mit den bisherigen Maßnahmen sehe ich das kritisch. Doch die Hoffnung stirbt zuletzt.

AndreaSpringmann PortraitStay safe everybody!
Andrea

 Fotos: Andrea Springmann, Infografik Bangkok