Tourismusbarometer: Langfristige Investitionsstrategien gefragt

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Im Rahmen der ITB Berlin fand das 18. 0SV-Tourismusforum zu Strategien, Finanzierungsformen und zukunftsfähigen Investitionen im Ostdeutschland-Tourismus statt. Schwerpunktthema waren Investitionsstrategien.

Erneut wurde deutlich: Der Tourismus in Ostdeutschland hat sich zu einem unverzichtbaren Wirtschaftsfaktor entwickelt. 2014 entwickelte sich der Tourismus in Ostdeutschland mit einem Übernachtungszuwachs von 2,9 Prozent etwa auf Bundesniveau (+ 3 Prozent). Auch die Besucherzahlen der Kultur- und Freizeiteinrichtungen stiegen 2014 um 4,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Das aktuelle Sparkassen-Tourismusbarometer 2015 sieht den Tourismus in Ostdeutschland 25 Jahre nach der Deutschen Einheit in der Reifephase angekommen. Künftig komme es darauf an, die Bereiche Qualität, Internationalisierung, Innovationen und Tourismusstrukturen weiter zu entwickeln.

Der Geschäftsführende OSV-Präsident, Dr. Michael Ermrich, betonte: „Mehr denn je kommt Innovationen, dem Mut eingetretene Pfade zu verlassen und Neues auszuprobieren eine Schlüsselrolle zu. Nur wer auch Unkonventionelles wagt und neue Märkte erschließt hat längerfristigen Erfolg.“

Nachholeffekte nach Flutdelle bei Übernachtungen

Nach den flutbedingten Nachfragerückgängen in 2013 stieg die Zahl der Übernachtungen in gewerblichen Betrieben im vergangenen Jahr in Sachsen-Anhalt um 4,2 Prozent, in Brandenburg um 3,6 Prozent, in Sachsen um 3,4 Prozent, in Thüringen um 3 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern um 2 Prozent.
 
2014 meldeten die Betriebe in Ostdeutschland insgesamt 76,8 Mio. Übernachtungen in Hotels und anderen gewerblichen Beherbergungsbetrieben einschließlich Camping. Davon kamen  71,9 Mio. Übernachtungsgäste aus dem Inland. Es wurden 4,87 Mio. internationale Übernachtungsgäste gezählt. Der Marktanteil Ostdeutschlands an allen Übernachtungen in Deutschland ging erneut leicht zurück von 18,2 Prozent in 2013 auf 18,1 Prozent in 2014. 2004 lag der Marktanteil Ostdeutschlands noch bei 18,7 Prozent.

Deutschlandweit zählten die gewerblichen Beherbergungsbetriebe 160,8 Mio. Gästeankünfte und 424,1 Mio. Übernachtungen. Hier stiegen die Ankünfte um 3,6 Prozent, die Zahl der Übernachtungen um 3 Prozent.

Mecklenburg-Vorpommern bleibt an der Spitze

Mit rund 28,7 Mio. Übernachtungen blieb Mecklenburg-Vorpommern ein beliebtes Reiseziel in Deutschland. Sachsen zählte 2014 18,9 Mio. Übernachtungen, Brandenburg 11,9 Mio., Thüringen 9,8 Mio. und Sachsen-Anhalt 7,4 Mio.

In Mecklenburg-Vorpommern stieg die Zahl der Gästeankünfte auf 7,25 Mio., in Sachsen auf 7,4 Mio., in Brandenburg auf 4,4 Mio., in Thüringen auf 3,7 Mio. und in Sachsen-Anhalt auf 3 Mio.

Auslandsübernachtungen erneut deutlich im Plus

Die ostdeutschen Destinationen werden bei ausländischen Gästen beliebter. Nach einem Zuwachs in 2013 hat Ostdeutschland auch in 2014 bei den internationalen Gästeankünften in gewerblichen Betrieben und im Camping zugelegt. Die Zuwächse lagen in Brandenburg bei 10,9 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern bei 8,7 Prozent, in Thüringen bei 5,7 Prozent, in Sachsen-Anhalt bei 4 Prozent und in Sachsen bei 2,7 Prozent.

Positiv haben sich auch die Gästeübernachtungen internationaler Gäste in gewerblichen Betrieben und im Camping in Brandenburg (+ 9,9 Prozent), in Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen (+ 5,8 Prozent) und in Sachsen-Anhalt (+ 3,6 Prozent) entwickelt. Lediglich die Betriebe in Sachsen meldeten gegen den Trend leichte Übernachtungsrückgänge (- 1,2 Prozent).

Klassische Quellmärkte wie die Schweiz, Österreich, Dänemark oder die Niederlande legen weiter zu. Neue Quellmärkte werden tendenziell stärker, wie Osteuropa und die sogenannten BRICS-Staaten.

Das Sparkassen-Tourismusbarometer fordert die Anbieter, die Marktanteile aus dem Incoming-Geschäft erzielen wollen, auf, sich stärker in den Bereichen Sprachkompetenz, Öffnungszeiten (insbesondere Kultureinrichtungen), regionale Küche und Zahlungskomfort bzw. bargeldloses Bezahlen zu profilieren.

Mehr Besucher in Kultur- und Freizeiteinrichtungen

Traditionell analysiert das Tourismusbarometer die monatlichen Besucherzahlen in ausgewählten Kultur- und Freizeiteinrichtungen. Rund 280 dieser sogenannten touristischen Wetterstationen würden mittlerweile untersucht.

Im Jahr 2014 kamen nach vorläufigen Berechnungen des Sparkassen-Tourismusbarometers 4,7 Prozent mehr Besucher als 2013. 62 Prozent der Kultur- und Freizeiteinrichtungen erzielten 2014 demnach Besucherzuwächse, 38 Prozent zählten weniger Besucher als im Vorjahr. Die größten Zuwächse erreichten die Kultur- und Freizeiteinrichtungen in Sachsen-Anhalt (+ 9,6 Prozent) gefolgt von Thüringen (+ 6 Prozent), Sachsen (+ 4,1 Prozent), Brandenburg (+ 2,9 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (+ 1,4 Prozent). Nach einem verlustreichen Vorjahr gehe die Dynamik insbesondere auf Nachholeffekte sowie auf Sonderausstellungen zurück.
 
Eine verhältnismäßig positive Besucherentwicklung verzeichneten 2014 in Ostdeutschland Ausflugsschiffe/Fähren (+ 20,7 Prozent), Zoos/Tierparks (+ 14,4 Prozent), Kirchen (+ 13,3 Prozent), Freilichtmuseen/Besucherbergwerke (+ 11,7 Prozent), Burgen/Schlösser (+ 7 Prozent), Private Eisenbahnen (+ 5,2 Prozent) und Naturinfozentren (+ 4,8 Prozent).

Besucherrückgänge hatten Stadtführungen (- 4,2 Prozent), Erlebnisbäder/Thermen (- 2,1 Prozent) und Museen/Ausstellungen (- 0,2 Prozent) zu verzeichnen.

Schwerpunktthema: Zukunftsfähige Investitionen für den Ostdeutschland-Tourismus

Die langfristige Entwicklung touristischer Indikatoren, wie Übernachtungen, Gastgewerbeumsatz, Beschäftigtenzahlen oder Investitionsquoten zeige, dass die Tourismusentwicklung in Ostdeutschland in die Konsolidierungsphase eingetreten sei. So kamen zwischen 1993 und 2014 rund 40 Prozent des bundesweiten Übernachtungszuwachses aus den fünf ostdeutschen Bundesländern. Bis 2003 stiegen die Übernachtungen in Ostdeutschland dabei in jedem Jahr stärker an als in Deutschland insgesamt. Aber im Zeitraum 2004 bist 2014 ging der Marktanteil Ostdeutschlands von 18,7 Prozent auf 18,1 Prozent zurück.  

Der aktuelle Untersuchungsschwerpunkt geht der Frage nach, wie eine wettbewerbsfähige Angebotsstruktur in Zukunft gesichert und finanziert werden könne.

Öffentliche Fördermittel allein aus der GRW (Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“) lösten demnach in der Förderperiode 2007 bis 2013 über 2 Milliarden Euro an Investitionen im ostdeutschen Tourismus aus. 1.37 Mrd. Euro wurden in die gewerbliche Wirtschaft investiert, 707,5 Mio. Euro in die Infrastruktur.
 
Während das Gewerbe insbesondere in Erweiterung und Qualitätsverbesserungen des Bestands investiert habe, investierten die Kommunen stark in die infrastrukturelle Vernetzung, also in (Rad-)Wegeausbau und Beschilderung sowie in wassertouristische Infrastruktur.

Bei der Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen setzten die Kommunen vor allem auf Zuwendungen und Fördermittel (79 Prozent) und auf kommunale Eigenmittel (66 Prozent), aber auch auf die Verwendung von Geldern aus der Kurtaxe und Fremdenverkehrsabgabe (40 Prozent) und auf Kommunalkredite (29 Prozent).

Die Wirkungen der Investitionen seien vielfältig. Über die touristischen Nachfrage hinaus seien gestiegene Steuereinnahmen der Kommunen,  eine höhere Wohnqualität für die ortsansässige Bevölkerung und ein positiver Einpendlersaldo messbar.

Trotz guter Geschäftslage zögerten viele Betriebe bei Investitionen. Die Betriebe begründeten dies mit einer Reihe wirtschaftlicher Risiken. So gäben 50 Prozent der gastgewerblichen Betriebe als Investitionshemnisse „Fachkräftemangel und steigende Lohnkosten“ an, 40 Prozent nannten „behördliche Auflagen“ , 37 Prozent nannten „hohe Energiekosten“ und 22 Prozent sähen Probleme bei der Finanzierung von Investitionen.

Viele Betriebe hätten einen zu geringen finanziellen Spielraum für Investitionen. Nach eigenen Angaben fehlten im Gastgewerbe 75 Prozent der Betriebe die finanziellen Mittel für Investitionen und in den Freizeiteinrichtungen seien es sogar 80 Prozent der Betriebe.  

Von den getätigten Investitionen der Privatwirtschaft fließe ein großer Teil in den Substanzerhalt. Investitionen in neue innovative Ideen und Kapazitätserweiterungen seien deutlich seltener. So gingen im Gastgewerbe 74 Prozent der Investitionen in die Erneuerung der Küchen- und Haustechnik, in den Werterhalt der Immobilie und in die Modernisierung oder den Ersatz des Inventars.

Der Investitionsbedarf sei in den Teilbranchen unterschiedlich hoch. 62 Prozent der gastgewerblichen Betriebe benötigten ein Investitionsvolumen von unter 100.000 Euro, 12 Prozent der gastgewerblichen Betriebe seien auf Investitionen in einer Größenordnung von mehr als 500.000 Euro angewiesen, damit sie nach eigenen Angaben eine gute Wettbewerbsfähigkeit erreichten.

Bei den Freizeiteinrichtungen würden größere Investitionen gebraucht.  Nur zwölf Prozent der Betriebe geben ein notwendiges Volumen von unter 100.000 Euro, aber 35 Prozent der Betriebe von mehr als 500.000 Euro an, um ihre Wettbewerbsposition auszubauen.

96 Prozent der befragten Städte und Gemeinden halten öffentliche Investitionen für die Grundvoraussetzung zur Anregung privater Investitionen. Aber nur 30 Prozent der privaten Betriebe erwarten kommunale Investitionen als Voraussetzung für ihr privates Engagement.

Fazit des diesjährigen Tourismusbarometers: Eine nachhaltige Entwicklungsdynamik des Tourismus in Ostdeutschland werde durch eine strategische Investitionspartnerschaft der Landkreise, Städte und Gemeinden einerseits und der privaten Tourismusunternehmen andererseits befördert.

Als Erfolgsfaktoren für Investitionspartnerschaften nennt das Tourismusbarometer eine langjährige Entwicklungs- und Investitionsstrategie der Kommune flankiert durch den Landkreis und Nachbarkommunen, eine aktive kommunale Prozesssteuerung, eine aktive Einbeziehung der Betriebe in die örtliche Tourismusentwicklung sowie verbindliche Investitionspartnerschaften zwischen Kommune und Betrieben mit konkreten Vereinbarungen über Aktivitäten.

So werde ein Kreislauf von Investitionen und Re-Investitionen in Gang gesetzt, der die Orte dauerhaft touristisch attraktiv und somit wettbewerbsfähig halte.

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