Die AUbE Tourismusberatung unterstützt das Ressort Natur- & Aktivtourismus

Dem Wassertourismus drohen massive Einschränkungen

am . Veröffentlicht in Natur- und Aktivtourismus

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Drohen Lücken und Verschlüsse im Wassertourismusnetz Mecklenburg-Vorpommerns und anderer Länder? Gerät ein wichtiger Wirtschaftsfaktor der ländlichen Räume in Gefahr? Tourismusorganisationen, Industrie- und Handelskammern sowie Wassersportverbände aus Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein schlagen Alarm.

Mit einem Offenen Brief machen sie auf die Risiken für den entwickelten Wassertourismus durch das „Wassertourismuskonzept“ des Bundes, das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ und die Reform der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung aufmerksam. Das Papier wurde Bundestagsabgeordneten und weiteren Vertretern der Ausschüsse für Tourismus, Sport, Finanzen, Verkehr und digitale Infrastruktur des Deutschen Bundestages bei einem Parlamentarischen Frühstück am 25. November 2016 im Jakob-Kaiser-Haus in Berlin vorgestellt.

Im Kern befürchten die Verfasser, dass die derzeitigen Entwicklungen und Bestrebungen auf Bundesebene, verschiedene Gewässer als Bundeswasserstraßen zu entwidmen und als Freizeitwasserstraßen oder Naturgewässer zu klassifizieren, negative Folgen für den mit Milliardenaufwand von privater und öffentlicher Hand entwickelten, naturnahen Tourismus mit sich bringe. „Wir verfolgen die Entwicklungen mit Sorge, weil Wege eingeschlagen werden, ohne dass Betroffene hinreichend einbezogen werden und weil Ziele vorgegeben werden, ohne dass tourismusverträgliche Lösungen in Sicht sind. Wasserstraßen, Schleusen, Wasserwanderrastplätze, Marinas und Sportboothäfen bilden ein attraktives Netz für Touristen, Wassersportler und Einwohner und verbessern die Lebensqualität vor Ort – dies muss auch in Zukunft so bleiben“, erklärte der neue Vorsitzende des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Wolfgang Waldmüller.

Bei einer neuen Kategorisierung der Wasserstraßen entfielen zahlreiche Gewässer in die Rubrik „Sonstige Wasserstraßen“, was sich beispielsweise negativ auf Erhaltungsmaßnahmen oder Investitionen auswirken würde.

Im gemeinsam vom Bundesumwelt- und Bundesverkehrsministerium verfassten Programm „Blaues Band“ heißt es unter anderem, dass die Bundesregierung vorhabe, an „Nebenwasserstraßen in die Renaturierung von Fließgewässern und Auen“ zu investieren. Bis 2020 sollen laut Programm die „rechtlichen, personellen, organisatorischen und haushalterischen Voraussetzungen geschaffen sein, damit die Wasserstraßen‐ und Schifffahrtsverwaltung des Bundes […] weitere Renaturierungsmaßnahmen durchführen kann“.

Mit dem in diesem Jahr veröffentlichten „Wassertourismuskonzept“ will das Verkehrsministerium das Wasserstraßennetz neu einteilen in Hauptwasserwege für den Gütertransport, Freizeitwasserwege sowie naturnahe Gewässer, die nicht oder nur für „muskelgetriebenen“ Wassersport genutzt werden können. Dafür müssten u. a. die vom Bundeswasserstraßengesetz erfassten Freizeitwasserstraßen „zunächst entwidmet“ werden. Wenig befahrene Gewässer könnten später aus der Zuständigkeit des Bundes gelöst und in die Verantwortung anderer Träger überführt werden.

Die Unterzeichner des Offenen Briefes befürchten, dass sich der Bund immer mehr aus der Verantwortung für den Erhalt und die Unterhaltung der Bundeswasserstraßen ziehen will. Von der Bundesregierung würden jedoch Lösungen erwartet, die die Lebensgrundlagen auf und an den Wasserstraßen nicht gefährden und Tourismus und Naturschutz nicht zu Gegenpolen aufbauen. Bereits jetzt führten verringerte Investitionen zu unklaren Perspektiven für die „Sonstigen Wasserstraßen“ und in der Verantwortung des Bundes liegende Bauwerke wie zum Beispiel Schleusen. Eine Renaturierung einer großen Anzahl an Gewässern könne zu gravierenden Einschränkungen der wassertouristischen Nutzung führen, wodurch das dichte, gut ausgebaute Netz auseinanderzufallen drohe.

In den acht im Brief formulierten Positionen fordern die Unterzeichner den Erhalt sowie die Sicherung der Netzfunktion und der durchgängigen Befahrbarkeit der Bundeswasserstraßen. Des Weiteren soll der Bund auf die vorgesehene Entwidmung von Bundeswasserstraßen verzichten. Die Einstufung verschiedener Gewässer als „naturnahe Wasserstraßen“ und der Handlungsrahmen für die Renaturierung seien grundsätzlich mit den Ländern und den betroffenen Akteuren abzustimmen. Wassertourismus sei in seiner Bedeutung für die wirtschaftliche und die regionale Entwicklung gerade in ländlichen Räumen stärker zu berücksichtigen, welche von der Infrastruktur entlang der befahrbaren Gewässer profitieren. Alle erarbeiteten Konzepte sollten zudem auf validen und soliden Daten der Wirtschaftlichkeit beruhen, die derzeit nicht gegeben sind. Schnell nötig sei schließlich ein Investitionsprogramm für Schleusen, von denen allein in Norddeutschland 47 von 50 als sanierungsbedürftig gelten.

Um ihre Position zu verdeutlichen, hatten die touristischen Akteure Mecklenburg-Vorpommerns in den vergangenen Monaten unter anderem bereits im Tourismusausschuss des Bundestages vorgetragen und eine Informationsveranstaltung für Unternehmer und Politiker mit Beteiligung aus dem Bundesverkehrsministerium in Waren (Müritz) organisiert.

Auch der Landtag in Mecklenburg-Vorpommern hat sich bereits mit der Thematik befasst. In Ziffer 44 der Koalitionsvereinbarung der neuen Landesregierung heißt es zudem: “Die Koalitionspartner erwarten, dass sich der Bund zu seiner Verantwortung für die Bundeswasserstraßen und den darauf stattfindenden Wassertourismus und Wassersport uneingeschränkt bekennt.”

Hier geht es zum offenen Brief.

www.tmv.de

Bild: Schleuse an der Müritz-Elde-Wasserstraße, Mecklenburgische Seenplatte (Foto: TMV/Legrand)

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