Branchenverbände befürchten Einschränkungen für Wassersport und Wassertourismus

am . Veröffentlicht in Natur- und Aktivtourismus

Anlässlich der Wassersportmesse boot 2016 in Düsseldorf drücken die Spitzenverbände des Wassersports, der Wassersportwirtschaft und aus dem Tourismus ihre Besorgnis aus, mit der Umsetzung des Bundesprogramms „Blaues Band Deutschland“ traditionelle Reviere schon bald nicht mehr nutzen zu können.

Zwar begrüßen die Verbände ausdrücklich den im Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“ unter Federführung des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) und des Bundesumweltministeriums (BMUB) formulierten Ansatz, mit Renaturierungsmaßnahmen der Fließgewässer sowohl zu deren ökologischer Qualität als auch zu deren Freizeit- und Erholungswert beizutragen und neue Akzente bei der Hochwasservorsorge zu setzen, allerdings berge er auch die Gefahr, dass das rund 2.800 Kilometer lange Netzwerk der nicht mehr für den Gütertransport genutzten Bundeswasserstraßen für den regionalen Tourismus und für den Wassersport verloren gehe, falls es nicht gelinge, ökologische und wassersportliche Interessen miteinander in Einklang zu bringen und schnell die notwendigen Beschlüsse zu fassen. Schon kleine Störungen könnten diese Strecken, für die es keine Aus-weichverbindungen gebe, großräumig lahm legen und das im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien verankerte Ziel der nachhaltigen wassertouristischen Entwicklung vereiteln.

Experten des Bundesverkehrsministeriums hätten ermittelt, dass ein Teil der Schleusen schon bald außer Betrieb genommen werden müsse, weil keine ausreichenden Mittel zu ihrer Unterhaltung und Instandsetzung zur Verfügung stünden. Dies habe Hafenbetreiber, Marinas und Wassersportvereine, aber auch anliegende Landkreise, Kommunen und Gewerbeverbände alarmiert.
Angesichts des Umstandes, dass zuletzt 120 Millionen Euro im Bereich der Wasser- und Wirtschaftsverwaltung des Bundes nicht verbraucht und daher ungenutzt zurück gegeben werden mussten, sei es für Wassersport und Wassertourismus nicht akzeptabel, dass gleichzeitig wichtige Schleusen aus angeblicher Finanznot verfielen. Viele wenig kostenintensive und kleinteilige Maßnahmen an wassertouristisch genutzten Bundeswasserstraßen könnten unter Nutzung der vorhandenen regionalen Kapazitäten der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung umgesetzt werden und so zu Beschäftigung und regionaler Wirtschaftskraft beitragen.

Zentrales Anliegen der Verbände sei, dass bei allen Maßnahmen zugleich auf die Optimierung der ökologischen und auf die Gewährleistung der verkehrlichen Durchgängigkeit der Wasserwege geachtet werde. Sie dürfe weder durch Rückbauten beispielsweise von Schleusen, noch durch Befahrungsverbote oder -beschränkungen gefährdet werden. Derzeit gälten in Deutschland bereits über 900 unterschiedliche Befahrungsregelungen, die aus Naturschutzgründen erlassen wurden.

Die Verbände seien überzeugt, dass die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung mit einem erweiterten gesetzlichen Gestaltungsauftrag gleichermaßen mehr Naturnähe und Freizeit- und Lebensqualität, die Wassersport und Wassertourismus einschließt, schaffen kann und so mit wohnortnaher Erholung einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leiste.

Die Verbände teilen demnach die von Bundesverkehrs- und Bundesumweltministerium geäußerte Einschätzung, dass die seit Jahrzehnten mit der Verwaltung der Bundeswasserstraßen betraute Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes geeignet und kompetent sei, die Zukunftsaufgaben „Renaturierung und Wassertourismusförderung“ wahrzunehmen. Ihr Gestaltungsauftrag müsse dazu allerdings gesetzlich erweitert und mit Haushaltsmitteln ausgestattet werden.

Wassersport, Wassersportwirtschaft und Wassertourismus fordern daher weiterhin:

  • Das vorhandene Bundeswasserstraßennetz muss in Gänze erhalten werden. Der Bund muss dazu die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes beauftragen und so mit Mitteln ausstatten, dass auch die wassersportlich und wassertouristisch genutzten Bundeswasserstraßen weiterhin unterhalten werden können.
  • Der von Bundesverkehrsminister Dobrindt beim Bürgerdialog am 03.09.2015 angekündigte gesonderte Etat für Wassertourismus muss unverzüglich eingerichtet und so ausgestattet werden, dass die für Wassertourismus erforderlichen Einrichtungen an Bundeswasserstraßen erhalten und zukunftsfähig weiterentwickelt werden können.
  • Das bereits mehrfach verschobene Wassertourismus-Konzept der Bundesregierung muss fertiggestellt und mit den Betroffenen diskutiert werden. Es dürfen im Vorfeld keine Maßnahmen ergriffen werden, die später mit Zielen des Wassertourismuskonzeptes nicht im Einklang stehen.
  • Abschließend fordern Wassersport, Wassertourismus und Wasserwirtschaft eine angemessene Einbindung in das Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“. Hier muss die gleiche Beteiligungsmöglichkeit sichergestellt werden, wie sie Naturschutzverbänden längst eingeräumt wurde! Im Gegensatz zu den Naturschutzorganisationen wurden die Verbände aus Wassersport, Wassertourismus und Wassersportwirtschaft bisher nicht an den Beratungen beteiligt.

Wassersport und Wassertourismus würden in vielfältiger Art und Weise ausgeübt. Alle teilten jedoch den Wunsch, dass das jeweilige Gewässer einen möglichst naturnahen Zustand haben sollte. Gerade für Wassersportler seien naturnah gestaltete Gewässer attraktiv und von besonders hohem Freizeit- und Erholungswert. Der organisierte Wassersport, wassertouristische Anbieter und Wassersportwirtschaft hätten deshalb bereits in der Vergangenheit erhebliche Beiträge zum Schutz und Erhalt naturnaher Gewässer geleistet.

Der Wassersport und Wassertourismus gehört zu den Wachstumsbranchen in Deutschland und Europa. Rund 20 Mio. Deutsche verbringen demnach jährlich Urlaub oder Freizeit rund ums Wasser. Laut Bundeswirtschaftsministerium seien 80 Prozent der 14- bis 70-jährigen an wassertouristischen Aktivitäten interessiert. Mehr als sechs Millionen Bundesbürger übten eine Wassersportart (Segeln, Motorboot fahren, Kanu/Kajak, Rudern, Tauchen, Wind- und Kitesurfen) regelmäßig in ihrer Freizeit und/oder während des Urlaubs aus. Hunderttausende nutzten die Angebote der Personenschifffahrt für erlebnisreiche Momente auf dem Wasser oder für Angel- und Tauchfahrten. Der Umsatz an maritimen Gütern und Dienstleistungen betrug 2015 demnach 1,82 Milliarden Euro, die ökonomischen Effekte lägen um ein Vielfaches höher. Städte und Gemeinden entwickeln ihre Wasserlagen. Die Regionen investieren in die Entwicklung des Wassertourismus.

Mit seiner gut ausgebauten maritimen Infrastruktur sowohl an der Küste als auch im Binnenland habe sich Deutschland als wichtige wassertouristische Destination etabliert und biete gleichzeitig weitere Wachstumschancen für die Zukunft. Zusätzliche Chancen ergäben sich vor allem im Binnenbereich. Deutschland verfüge über die größte zusammenhängende Wasserfläche in Europa mit naturnahen Erlebnisräumen und damit über eine große Attraktivität für in- und auch ausländische Touristen. Diese positive Entwicklung gelte es abzusichern und vorhandene Wachstumspotenziale zu nutzen.

http://www.deutschertourismusverband.de