Hotellerie im Umbruch: Digitaler Wandel und die Gäste von morgen

am . Veröffentlicht in Hotellerie & Hospitality Management

Eine neue internationale Studie von ÖHV und Roland Berger soll zeigen, wie sich Hotels die Kommunikationshoheit zurückholen können.

„Das Thema ist brandheiß und betrifft alle Branchen“, unterstreicht Dr. Markus Gratzer, Generalsekretär der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), den steigenden Druck durch die Digitalisierung. Mehr als 50 % der Buchungen erfolgten über digitale Kanäle, Plattformen diktierten die Bedingungen im Onlinevertrieb, neue Player wie Airbnb drängten auf den Markt und nutzten Grauzonen aus. „Umso wichtiger ist, dass der Staat die unternehmerische Freiheit aller nicht für den Profit einiger weniger opfert. Wir brauchen Rechtssicherheit“, verweist Gratzer auf die wettbewerbsschädigenden Klauseln in den AGBs von Booking.com und Co. Nicht nur die Wettbewerbshüter, auch den Gesetzgeber nehme der Interessenvertreter in die Pflicht: „Frankreich regelt das gesetzlich. Das ist der Benchmark“, so Gratzer.

Lehren aus anderen Branchen

Die Studie zeige einen klaren Vorteil der Hotellerie gegenüber vielen anderen Branchen: „Der Kern des Angebots, die Übernachtung, ist virtuell nicht ersetzbar. Andere Wirtschaftszweige stehen viel stärker unter Druck“, verweist Dr. Vladimir Preveden, Managing Partner bei Roland Berger Österreich, auf Finanzdienstleister, Medien, Handels- und Technologieunternehmen. Marktführer wurden in die Knie gezwungen, ganze Geschäftsmodelle umgekrempelt. „Dort hat nur überlebt, wer frühzeitig auf Veränderungen reagiert hat. Daraus konnten wir wichtige Learnings für die Hotellerie ableiten“, so der Experte von Roland Berger. Dazu gehörten:

  • Kostenstrukturen frühzeitig anpassen
  • Veränderungsprozesse früh einleiten für gründliche Umsetzung
  • Top-Qualität durch Spezialisierung statt Durchschnitt wegen Massenabfertigung
  • Moderne Technologien für bessere Service-Orientierung
  • Spezial-Know-how im Kerngeschäft und in der IT

Fokus auf die Hotellerie

Roland Berger und die ÖHV hätten demnach Online-Aktivitäten 13 internationaler Hotelgruppen, 17 aktuelle Studien und 100 Startups aus der Reise- und Hotelbranche analysiert. Das Resultat sei ein Katalog von Empfehlungen, wie Hoteliers Gäste zurückgewinnen und die Digitalisierung zu ihrem Vorteile nutzen könnten. Die Studie zeige 19 Initiativen auf, die Hoteliers im eigenen Betrieb implementieren sollten. „Zusätzlich haben wir 667 Hoteliers aus Österreich, Deutschland und der Schweiz zum Stand der Digitalisierung befragt. Etwas Vergleichbares hat es bis dato nicht gegeben“, glaubt Gratzer. Die größte Chance sehen die Befragten in der Neukunden-Gewinnung, die größte Gefahr im steigenden Preisdruck.

Von der Hotelsuche bis zur Bewertung: den Gast gesamthaft ansprechen

Als Knackpunkt identifiziere die Studie die Gästeansprache entlang der gesamten customer journey: „Vor, während und nach der Buchung durchläuft der Gast sechs Phasen. Ziel muss sein, ihn in jedem Abschnitt anzusprechen. Das passiert noch nicht“, ortet Gratzer Raum für Verbesserung. Vor allem die Abschnitte „Entdecken und planen“ und „Reflektieren“ seien noch großteils Neuland. „Hier ist Platz für Ideen und Innovation, der noch nicht von anderen etablierten Anbietern besetzt ist. Das sollten die Hoteliers nutzen“, ergänzt Preveden.

Fit fürs digitale Hotelzeitalter

„Mit neun Empfehlungen gewinnen Hoteliers die Kommunikationshoheit zurück“, glaubt Preveden. Diese „Standards“ sollten jedenfalls und möglichst schnell realisiert werden:

  • Digitales Marketing optimieren: Gestalten Sie den Webauftritt modern, mobil und aktuell, sorgen Sie für einen technisch schnellen Aufbau der Seite mit intuitiver Logik und für eine Booking Engine, die einfach zu bedienen ist und schnell arbeitet.
  • Erlebnis statt Dienstleistung bieten: Begeistern Sie Ihre Gäste, indem Sie für sie den Aufenthalt zum besonderen Erlebnis machen, vermitteln Sie ein Lebensgefühl.
  • Partnerschaften bilden: Streben Sie Partnerschaften an, wenn der eigene Betrieb zu klein für eigene Aktivitäten ist.
  • Digitale Infrastruktur perfektionieren: Machen Sie die Internet-Infrastruktur vor Ort zum optimalen Mittel zum Zweck anstatt zum Anlass von Beschwerden.
  • Digitalen Wissensstand verbessern: Stellen Sie selbst oder im Rahmen der Destination Mitarbeiter aus stärker digitalisierten Branchen ein, eventuell sogar aus Internet-Unternehmen ein. Leiten Sie in Ihrem Betrieb einen Kulturwandel hin zur New Media Culture ein.

Diese „Chancen“ böten demnach die Möglichkeit, den Vorsprung gegenüber der Konkurrenz und die Unabhängigkeit von Portalen zu vergrößern:

  • Individualität statt Gießkannenprinzip: Sprechen Sie den Gast individuell und gesamthaft an.
  • Gästedaten erheben und nutzen: Sammeln Sie spezifischere Gästedaten und nutzen Sie sie zielgerichteter für Ihr Geschäft, anstatt allen Gästen denselben Newsletter zu schicken.
  • Revenue Management/OTAs steuern: Richten Sie OTAs auf Zeiten der Unterauslastung aus und optimieren Sie Ihre Revenue Management-Strategie.
  • Digitale Anwendungen einführen Überlegen Sie, welche digitalen Anwendungen Ihre Positionierung gegenüber Ihrer Gästegruppe bzw. bei der betrieblichen Optimierung unterstützen und setzen Sie sie um.

www.oehv.at/Studie-Hotellerie-4-0

www.rolandberger.de

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