airberlin im Sturzflug: Lufthansa steigt ein

am . Veröffentlicht in Strategie, Orga & Finanzen

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airberlin hat umfassende Umstrukturierungsmaßnahmen angekündigt. Das Unternehmen will sich nach eigenen Angaben als "fokussierter Netzwerk-Carrier mit einem klaren Profil" auf das Kerngeschäft konzentrieren und ertragreiche Märkte mit einer Flotte von nur 75 Flugzeugen von den beiden Drehkreuzen Berlin und Düsseldorf aus bedienen. Die Lufthansa übernimmt rund 40 Maschinen, wohl auch, um die Billig-Konkurrenz fernzuhalten.

Die Umstrukturierung sei das Ergebnis einer umfassenden Überprüfung des gesamten operativen Bereichs. Ziel sei es, die Effizienz zu steigern, saisonbedingte Schwankungen auszugleichen und wieder eine klare und erfolgreiche Marktposition  für die Airline zu schaffen.

Die neue airberlin soll ab Sommer 2017 mit 40 Flugzeugen der A320-Familie und 18 Flugzeugen des Typs Q400 für die Kurz- und Mittelstrecke Verbindungen zu den wichtigsten europäischen Wirtschaftsstandorten anbieten. Darüber hinaus umfasse die Gesamtflotte mit 75 Flugzeugen 17 Maschinen des Typs A330-200, die Langstreckenziele weltweit anfliegen.

Die Verkleinerung des operativen Geschäfts von airberlin bedinge eine "strukturelle Anpassung der Personalkapazität" - soll heißen: bis zu 1.200 Stellen fallen weg. Das Unternehmen nehme daher unverzüglich Gespräche mit Vertretern der Betriebsräte auf, um bis Februar 2017 freiwillige und betriebsbedingte Kündigungen zu bestätigen.

Stefan Pichler, Chief Executive Officer von airberlin: „Bei dieser weitreichenden Umstrukturierung unseres operativen Geschäfts richten wir uns strategisch neu aus, um airberlin eine Zukunft zu eröffnen. Durch den stetig zunehmenden Marktdruck sehen wir uns gezwungen, unser bestehendes komplexes Geschäftsmodell zu ändern. airberlin hat in der Vergangenheit alle Marktsegmente über eine einzige operative Plattform sowohl im Geschäftskundenbereich als auch in der Touristik bedient. Unsere zukünftige Positionierung steht jetzt fest: Als fokussierter Netzwerk-Carrier mit klarer Positionierung fliegen wir von unseren beiden Drehkreuzen aus in ertragreichere Märkte.“

Das Touristikgeschäft soll daher in einem eigenständig agierenden, auf Touristik fokussierten Geschäftsbereich zusammengefasst werden. Stefan Pichler fügt hinzu: „Unser Touristik-Geschäft hat eine werthaltige Substanz und wird durch die Bündelung in einen separaten Geschäftsbereich gestärkt. Gleichzeitig wird airberlin in der Lage sein, sich auf ihr Kerngeschäft als Netzwerk-Carrier zu konzentrieren.“

Einhergehend mit der strategischen Neuausrichtung plant airberlin bis zu 40 Flugzeuge des Typs A320 der Lufthansa Group zu überlassen, wobei 38 Flugzeuge innerhalb eines sechsjährigen Wet-Lease oder ACMIO-Abkommens (Aircraft Crew Maintenance, Insurance, Overhead) vermietet werden. Die Wet-Lease-Vereinbarung umfasse damit Cockpit- und Kabinenpersonal, technische Wartung, Versicherung und die Betriebskosten. Das Abkommen ermögliche es airberlin, überschüssige Kapazitäten zu reduzieren und die Restrukturierungskosten zu reduzieren.v. Das Wet-Lease-Abkommen soll zur Sommersaison 2017 in vollem Umfang in Kraft treten. Es bedarf jedoch noch der kartellbehördlichen Genehmigung.

Die Maschinen sollen für Eurowings und Austrian Airlines fliegen. Die Vereinbarung soll sechs Jahre laufen. Das Markenkonstrukt Eurowings würde mit diesem Schritt die Kapazitäten erheblich ausbauen. Ziel ist es offensichtlich nicht nur, die Position zu stärken, sondern auch die Gewinnung von Marktanteilen der Billig-Konkurrrenten zu unterbinden, die in die Lücke stoßen könnten.

Derzeit umfasst die Flotte von Eurowings insgesamt 90 Flugzeuge. Im Zuge der Vereinbarung mit Air Berlin soll Eurowings 35 Maschinen anmieten, die künftig in den Farben der neuen Eurowings fliegen würden. Weitere fünf Flugzeuge würden von Austrian Airlines angemietet. Bei den Flugzeugen, die gut zur einheitlichen Airbus-Flotte der Eurowings passen, handelt es sich um bis zu 29 Airbus-Maschinen vom Typ A320 und um bis zu elf Maschinen vom Typ A319.

Die Flugzeuge sollen ihre Heimatbasis an insgesamt sieben deutschen Flughäfen sowie in Wien und Palma de Mallorca haben. Austrian Airlines soll dabei mit fünf Flugzeugen ihre führende Position am Heimatflughafen Wien stärken. Die Einflottung und Ausflottung der Maschinen würde gestaffelt erfolgen.

Das Langstreckenportfolio von airberlin um neue Destinationen und zusätzliche Frequenzen insbesondere in  die USA erweitert.

Auf der Kurz- und Mittelstrecke setze airberlin stärker auf das Geschäftskundensegment mit einer ganzjährigen und damit saisonal unabhängigeren Nachfrage. Dabei liege der Fokus auf den Märkten Italien, Skandinavien und Osteuropa. Zudem will airberlin ihren Marktanteil auch auf den für Geschäftskunden attraktiven innerdeutschen Verbindungen erhöhen.

Im Zuge der fortlaufenden Umstrukturierung will airberlin im engen Austausch mit den Betriebsräten und Gewerkschaften stehen und diese aktiv in den Veränderungsprozess einbeziehen. Vorbehaltlich aller Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmervertreter beabsichtige airberlin so vielen Mitarbeitern wie möglich ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Unternehmen anzubieten.

Den Mitarbeitern sollen zudem umfangreiche Möglichkeiten zur Weiterbeschäftigung innerhalb der Etihad Airways Partners Group angeboten werden. Dazu gehören Jet Airways, Air Serbia, Etihad Regional, Alitalia, Air Seychelles und Etihad Airways.   

Stefan Pichler weiter: „Es fällt mir schwer, in einem dynamischen Arbeitsmarkt wie dem deutschen betriebsbedingte Kündigungen anzukündigen. Dennoch müssen wir leider Personal abbauen. Unser Ziel ist es, dies so sozialverträglich wie möglich zu gestalten und den betroffenen Mitarbeitern neue berufliche Perspektiven zu eröffnen.“

www.airberlingroup.com
www.lufthansagroup.com
Bild: Andreas Wiese / airberlin

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