Sachsen: Ausländerfeinde hinterlassen Spuren in der Tourismusbilanz

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Mit 7 405 916 Gästen und 18 732 207 Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben mit zehn und mehr Betten im Jahr 2015 stagnierte der Tourismus in Sachsen praktisch auf Vorjahresniveau. Der touristische Wachstumstrend geht an Sachsen teilweise vorbei. Vor allem Inländer meiden verstärkt das Bundesland.

Bei den Gästeankünften lag die Differenz bei 0 Prozent, bei den Übernachtungen betrug sie -0,9 Prozent. Damit schnitt Sachsen schlechter ab als Deutschland insgesamt, wo es im vergangenen Jahr laut Statistischem Bundesamt ein Plus von rund 3 Prozent Gästeankünften und rund 4 Prozent mehr Übernachtungen gab.

Auffällig ist dabei der Unterschied bei Gästen aus Deutschland einerseits und internationalen Gästen andererseits. Während aus dem deutschen Markt ein Minus von 0,7 Prozent Gästeankünften und 1,4 Prozent Übernachtungen verzeichnet werden musste, gab es beim Incoming ein  Plus von 5,1 Prozent mehr Gästen und 3,5 Prozent mehr Übernachtungen. „Es muss nicht lange spekuliert werden, dass die Ereignisse im Zusammenhang mit der Flüchtlingsproblematik in Sachsen und vor allem die praktisch das ganze Jahr vorherrschende mediale Berichterstattung zu diesem Thema ein besseres Ergebnis aus dem deutschen Markt verhindert haben“, kommentierte Hans-Jürgen Goller, Geschäftsführer der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen mbH (TMGS) die Jahresbilanz 2015. „Vor diesem Hintergrund sind die ganz leichten Rückgänge für Sachsen insgesamt sogar noch etwas besser, als ich sie erwartet hatte. Aber 4,2 Prozent weniger Gäste und 5,1 Prozent weniger Übernachtungen aus Deutschland in Dresden weisen auf die Ursachen hin.“ Vor allem das Gruppengeschäft habe dort gelitten.

In den anderen Reisegebieten in Sachsen gab es ein uneinheitliches Bild. Zuwächse auf ganzer Linie gab es nur in Leipzig (+1,7% mehr Gäste und +2,3% Übernachtungen) und vor allem in der Region um Leipzig, dem Sächsischen Burgen- und Heideland (+3,5% mehr Gäste und +4,0% mehr Übernachtungen).

Das Erzgebirge (+0,8% mehr Gäste, -0,3% weniger Übernachtungen) und die Oberlausitz (+2,2% mehr Gäste, -0,5% weniger Übernachtungen) hatten zumindest mehr Gäste als im Vorjahr, wohingegen  die Sächsische Schweiz mit -0,1% Gästen und -1,2% Übernachtungen nur ganz leicht unter dem Vorjahresniveau lag.

Deutlichere Verluste erlitten das Vogtland mit -2,1% Gästen und -1,6% Übernachtungen sowie das Sächsische Elbland mit -1,1% weniger Gästen und -4,8 Prozent weniger Übernachtungen. Am schlechtesten schnitt die kleinste Destination in Sachsen, die Stadt Chemnitz, ab. Hier waren die Rückgänge mit -4,9 Prozent weniger Gästen und -8,9 Prozent Übernachtungen schon recht deutlich.

Sehr gute Zuwächse von jeweils 6,1 Prozent mehr Gästen und Übernachtungen aus dem Ausland sorgten in Dresden dafür, dass der negative Effekt aus dem Inland abgemildert werden konnte und die Stadt insgesamt ein Minus von 2,3 Prozent Gästen und 3,0 Prozent Übernachtungen zu verzeichnen hatte.

Gästeaufkommen aus dem Ausland

Auch für Sachsen verhinderte das Auslandsgeschäft nennenswerte Rückgänge. Sehr gut entwickelte sich der ohnehin schon seit längerem an erster Stelle liegende niederländische Markt mit +3,0 Prozent mehr Gästen und +8,7 Prozent mehr Übernachtungen. Damit würden jetzt schon zehn Prozent aller Ausländerübernachtungen in Sachsen von Holländern generiert. Besonders erfreulich: Im Gegensatz zu den anderen ausländischen Quellmärkten reisten die Niederländer nicht nur in die Großstädte, sondern auch in die ländlichen Regionen im Freistaat. So konnte das Erzgebirge aus Holland auf einem schon vorher guten Niveau einen Zuwachs von 77,9 Prozent Übernachtungen verzeichnen.

Bei kleineren absoluten Zahlen waren es im Vogtland plus 79,7 Prozent, in der Sächsischen Schweiz plus 19,2 Prozent und in der Oberlausitz plus 18,7 Prozent. Hier zeigen die verstärkten Marketingmaßnahmen dieser Regionen in Kooperation mit der TMGS eindeutig Wirkung. Und der niederländische Markt verspreche noch weitere Zuwächse, da es ab Mai 2016 eine tägliche, direkte Flugverbindung mit KLM von Amsterdam nach Dresden geben soll.

Auch das Gästeaufkommen aus dem zweitgrößten Auslandsmarkt Schweiz nahm weiterhin leicht zu, während bei der bisherigen Nummer drei, Österreich, leichte Rückgänge bei Gästen und Übernachtungen zu verzeichnen waren. Daher sind nunmehr die USA, von wo es ein sehr erfreuliches Plus von 6,6 Prozent mehr Übernachtungen gab, in diesem Bereich wieder der drittgrößte Quellmarkt.

Ebenfalls mit guten Zuwächsen folgen dahinter Polen, Großbritannien und Tschechien. Die mit Abstand größte Steigerung gab es mit über 62 Prozent mehr Gästen und Übernachtungen aus Spanien. Damit liegt dieses Land jetzt schon an achter Stelle beim Gästeaufkommen aus dem Ausland nach Sachsen und hat Italien und Russland verdrängt. Während die Rückgänge aus Italien mit rund minus 6 Prozent noch überschaubar waren, brach der russische Markt ein weiteres Mal deutlich ein. Nach minus 5,5 Prozent Übernachtungen im Jahr 2014 ging die Zahl im letzten Jahr noch einmal um minus 22,5 Prozent zurück. Die Ursachen hierfür sind ganz offensichtlich der Wechselkursverlust des russischen Rubels und die politischen Rahmenbedingungen.

Aus China gab es mit plus 32,6 Prozent mehr Gästen und plus 26,9 Prozent mehr Übernachtungen weiterhin hohe Zuwächse. Da die TMGS ihre Aktivitäten auf diesem Markt intensivieren will, werden könnten diese wohl auch im laufenden Jahr zu verzeichnen sein. China ist 2015 erstmals an Japan vorbeigezogen und an Position elf beim Incoming jetzt größter asiatischer Quellmarkt für Sachsen.

Schwierige Prognose für das laufende Jahr

Insgesamt rechnet die TMGS aus Deutschland im laufenden Jahr wieder mit steigenden Gäste- und Übernachtungszahlen, auch für Dresden. Allerdings gabe es erste Anzeichen, dass Deutschland in einigen ausländischen und außereuropäischen Quellmärkten aufgrund der geopolitischen Lage nicht mehr als so sicheres Reiseland gesehen werde wie bisher. Auch die wirtschaftliche Situation in einigen Quellmärkten könnte zu einer Verlangsamung des Wachstums aus dem Ausland führen. Zuverlässige Prognosen seien daher zum jetzigen Zeitpunkt noch sehr schwierig.

Auch die Pegida-Aufmärsche sowie ausländerfeindliche Übergriffe und Terrorakte werden möglicherweise weiterhin das Image Sachsens und letztlich auch die Tourismusbilanz belasten. Das haben nicht zuletzt die jüngsten Ereignisse gezeigt.

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Tags: Bundesland: Sachsen
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