Raus aus der Kuschelzone: Wenig Dynamik in Mecklenburg-Vorpommern

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Mecklenburg-Vorpommern kann im Bundesvergleich nur unterdurchschnittlich zulegen: Zwischen Januar und Juni wurden in den Urlaubsregionen des Landes 11,2 Millionen Übernachtungen von knapp 3,1 Millionen Gästen gezählt.  Dies bedeutet 1,8 Prozent Zuwachs bei den Übernachtungen und ein Prozent mehr Ankünfte als im Vorjahreszeitraum. MV hat unter anderem weiterhin Probleme die ausländischen Gäste zu aktivieren, die andernorts das Wachstum treiben. Die Akteure sehen daher selbst noch Handlungsbedarf.

Positiv zu vermerken ist: Im ersten Halbjahr 2015 konnte Mecklenburg-Vorpommern gegenüber dem bisherigen Bestwert aus dem Vorjahr weiter leicht zulegen. Über die stärksten Zuwächse können sich dabei die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst (+8,5 Prozent), die Inseln Rügen und Hiddensee (+4,5 Prozent) sowie die Hansestadt Stralsund (+4,2 Prozent) freuen. Alle Unterkunftsarten lagen in der ersten Jahreshälfte im Plus, am deutlichsten stiegen die Übernachtungszahlen in den Ferienwohnungen und -zentren (+3,3 Prozent) sowie auf den Campingplätzen (+3,0 Prozent).

Negativ zu vermerken ist: Rückgänge (-2,9 Prozent) gab es in den ersten sechs Monaten des Jahres bei Übernachtungen ausländischer Gäste. Harry Glawe, Minister für Wirtschaft, Bau und Tourismus, sieht dennoch Grund zur Freude: „Ein insgesamt positives Ergebnis. Wir sind auf einem sehr hohen Niveau, was die Gäste- und Übernachtungszahlen bei uns im Land angeht."

Starke Nachfrage in den Sommermonaten

Auch für die Zeit der Sommerferien in Deutschland überwiegten in der Tourismusbranche die positiven Einschätzungen. Der aktuellen Saisonumfrage des Landestourismusverbandes unter 200 Quartiersanbietern zufolge, sei insbesondere zwischen Mitte Juli und Mitte August eine sehr starke Nachfrage zu verspüren, die eine Reihe von Betrieben in Richtung voller Auslastung geführt habe.

„Mecklenburg-Vorpommern blickt auf eine intensive und gelungene Hauptsaison zurück, mit der das Land seine Position als beliebtestes Ferienziel in Deutschland untermauert“, meint Sylvia Bretschneider, Präsidentin des Landtages und des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern. Sie betonte in diesem Zusammenhang, dass die Sommerferien der einzelnen Bundesländer auch in diesem Jahr keine sonderlich günstige Verteilung und mit 78 Tagen auch keine ideale Gesamtlänge hätten. So wären einzig in Nordrhein-Westfalen in der ersten Juli-Hälfte Sommerferien gewesen.

„Das heißt, wir hatten ein gewisses Gedränge im vom guten Wetter zusätzlich begünstigten Zeitraum Mitte Juli bis Mitte August, während am Monatsbeginn des unbeständigeren Juli hier und da ein paar Betten frei blieben“, so die Verbandspräsidentin. Insgesamt konstatierte etwa ein Drittel der vom Tourismusverband Befragten eine höhere Auslastung als im Vorjahressommer, für rund die Hälfte verlief der Sommer auf ähnlichem Niveau, ein Fünftel musste im Vergleich zu 2014 einige Abstriche machen.

Die durchschnittliche Auslastung aller Betriebe im Land bewegte sich zwischen Mitte Juli und Mitte August bei etwas mehr als 90 Prozent, davor und danach lag sie bei einer Reihe von Betrieben auch darunter. Kleine Auslastungsunterschiede gab es erneut zwischen Ostseeküste und Landesinnerem, wobei diese Unterschiede im Sommer so gering sind, wie zu keinem anderen Zeitpunkt des Jahres.

Für die Monate Juli und August rechnet der Tourismusverband auf Basis der Einschätzungen aus der Branche allein in den größeren, für die Statistik relevanten Übernachtungsbetrieben mit mehr als zwei Millionen Übernachtungsgästen und mehr als zehn Millionen Übernachtungen. Sylvia Bretschneider: „Was Ende 2015 für ein Ergebnis herauskommt, werden wir abwarten. Ein Ziel lautet, das hohe Niveau des Vorjahres zu übertreffen. Dieses Ziel ist auch nach Ablauf von zwei Dritteln des Jahres realistisch.“

Wirtschafts- und Tourismusminister Harry Glawe ergänzte: „Die positive Entwicklung ist kein Selbstläufer. Das Wetter können wir nicht beeinflussen, auch Natur, Binnenseen sowie die Ostsee reichen nicht allein, um weitere touristische Zuwächse zu erzielen. Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Ländern – die auch kräftig investieren. Ziel ist es, dass unser Land über das ganze Jahr hin attraktiv ist. Da geht Qualität vor Quantität.“

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Mecklenburg-Vorpommern muss sich härterem Wettbewerb stellen

Die Präsidentin des Landestourismusverbandes riet trotz des erfolgreichen Saisonverlaufs im Urlaubsland zu verhaltener Freude. „Wir dürfen nicht außen vor lassen, dass gute Gesamtzahlen wenig über die betriebswirtschaftliche und personelle Situation in den Unternehmen aussagen und sollten auch nicht nur auf uns selbst schauen. Wir leben und arbeiten nicht in der Kuschelzone, sondern in einem Verdrängungswettbewerb“, lautet die klare Ansage von Sylvia Bretschneider.

Mecklenburg-Vorpommern habe im Vergleich mit vielen Bundesländern und auch mit dem Bundesdurchschnitt sowohl in diesem als auch im vorigen Jahr eine geringere Entwicklungsdynamik aufzuweisen. Während der Nordosten bei den Übernachtungen von Januar bis Juni um 1,8 Prozent zulegen konnte, waren es im Bundesschnitt 3,2 Prozent. Hinzu komme, dass Mecklenburg-Vorpommern stärker als in den vergangenen zwei Jahrzehnten in eine Konkurrenzsituation eingebettet sei: Schleswig-Holstein investiere so massiv wie lange nicht in das eigene Produkt, in Marketing und in Infrastruktur. Die Ferienregionen und -orte an der dänischen Ostseeküste versuchten konzentriert, in den vergangenen Jahren verlorenes Terrain zurückzuerobern. Die polnische Ostseeküste bekomme als europäische Höchstförderregion einen ähnlichen Entwicklungsschub wie Mecklenburg-Vorpommern in den 1990ern und frühen 2000ern. Der Wettbewerbsanalyse sollen Taten folgen.

„Daher dürfen wir bei der Qualität, beim Werben um neue Gäste vor allem in West- und Süddeutschland und im benachbarten Ausland sowie bei Investitionen zur Weiterentwicklung von Unternehmen und Angeboten keinesfalls nachlassen“, fordert Sylvia Bretschneider. Es bestünden genügend Möglichkeiten, die Rahmenbedingungen für den Tourismus weiter zu verbessern – angefangen von der Fachkräftesituation, über die weitere Stärkung der Vor- und Nachsaison, der Internationalität, der Erreichbarkeit, des Tourismus im ländlichen Raum und in den Binnenregionen bis hin zur Service- und Produktqualität. „Tourismus befindet sich ständig im Wandel. Wir brauchen immer wieder neue Ideen und neue Köpfe, die für Aufbruchstimmung und Pioniergeist sorgen, welche Mecklenburg-Vorpommern erfolgreich gemacht haben“, sagte die Verbandspräsidentin.

„Von großer Bedeutung sind für uns die Schaffung nachhaltiger touristischer Angebote und Strukturen in den ländlichen Räumen Mecklenburg-Vorpommerns. Hier haben wir noch Potenzial. Darüber hinaus wollen wir die Entwicklung und Förderung saisonverlängernder Angebote im gesamten Land weiter unterstützen“, so Wirtschafts- und Tourismusminister Glawe.

Open Airs, Museen und Volksfeste

Mit guten Programmideen und Innovationskraft hätten im Sommer 2015 vor allem auch die Musik- und Theater-Open-Airs Gäste gelockt. Die Störtebeker-Festspiele auf Rügen verzeichneten demnach auch 2015 mit „Aller Welt Feind“ einen großen Publikumszuspruch von mehreren Hunderttausend Besuchern. Die Festspiele MV vermeldeten zur Halbzeit der Saison mehr als 30.000 Besucher plus 18.000 Besucher des ausverkauften „Kleinen Fests im großen Park“ in Ludwigslust. Die Schlossfestspiele Schwerin erreichten mit 28.000 Besuchern bei 23 Vorstellungen von Verdis „La Traviata“ ein gutes Ergebnis, auch wenn dieses leicht unter dem des Vorjahres lag (2014: „Nabucco“ mit 32.000 Besuchern).

Auch die Vorpommersche Landesbühne zeigte sich insgesamt zufrieden: Zu Aufführungen wie „Die Peene brennt“, den Vineta-Festspielen mit „Der Tag des Königs“, „Die vier Musketiere“ und zum neuen Zuschauermagneten „Sonnenallee“ kamen insgesamt knapp 50.000 Zuschauer. Die Inszenierung von „Jedermann“ mit Sascha Gluth in der Hauptrolle lockte 5.000 Besucher in die St. Georgen-Kirche in Wismar.

Viel Resonanz erfuhren auch in diesem Jahr die 25. Hanse Sail in Rostock mit mehr als einer Million Besucher oder die jungen Festivals wie Fusion, Immergut oder das Baltic Spring Break in Ahlbeck auf Usedom mit 10.000 jungen Besuchern.

Viele Museen und Erlebniszentren profitierten vom starken Gästeaufkommen im Land und teils auch von der kühleren Witterung im Juli. Das Deutsche Meeresmuseum mit seinen vier Standorten vermeldete am 28. Juli einen Tagesbesucherrekord für dieses Jahr mit 12.381 Besuchern. Das Nationalparkzentrum am Königsstuhl zählte im Sommer pro Tag bis zu 3.000 Gäste.

Charterunternehmen, Bootsverleiher und Fahrgastschiffer

Stark nachgefragt seien während der Sommerferien auch die wassertouristischen Angebote in Mecklenburg-Vorpommern, wie eine separate Umfrage des Tourismusverbandes unter Charterunternehmen, Bootsverleihern und Fahrgastschiffern ergeben habe. So berichteten Hausboot- und Motoryachtanbieter von nahezu vollständig gebuchten Kapazitäten und eine das Angebot teils übersteigende Nachfrage nicht nur aus Deutschland, sondern auch aus der Schweiz, aus Österreich und aus den Niederlanden.

Auch im Frühjahr sei das Geschäft ordentlich verlaufen, ebenso gebe es Vorbuchungen für den Herbst auf gutem Niveau. Die Charterzeiten bewegten sich häufig im Bereich von zwei Wochen. Kanutourismus sei im kühlen Frühjahr etwas weniger, dafür im Sommer umso stärker gefragt. Ebenfalls positiv falle schließlich das Saisonfazit der Betreiber von Fahrgastschiffen aus, die von einer verbesserten Zusammenarbeit mit Hotels sprächen, zum Teil aber Rückgänge im Bereich der Gruppentouristik verzeichneten.

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