Schleswig-Holsteinischer Tourismustag: Zertifizierungen und digitale Bewertungssysteme vernetzen

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Der Tourismusverband Schleswig-Holstein (TVSH) sieht die Branche auf einem guten Weg. Auf dem Tourismustag in Husum bezog
Verbandschef Dr. Jörn Klimant Position zur aktuellen Lage der Tourismuswirtschaft im Land. Zentrale Botschaft: Der Verband will seine
Mitglieder in den kommenden Jahren verstärkt dazu ermuntern, noch mehr auf die Qualität der touristischen Angebote zu setzen.

Das biete eine einmalige Chance, die gute Position im Vergleich zu den Mitbewerbern weiter auszubauen. Die Qualitätsmessung habe sich mit den digitalen Medien und sozialen Netzwerken in den vergangenen Jahren tiefgreifend verändert. Neben den bestehenden objektiven Klassifizierungs- und Zertifizierungssystemen spielten zunehmend die subjektiven Gästebewertungen in der Wahrnehmung der Urlauber eine Rolle. „Die meisten Betriebe in Schleswig-Holstein haben inzwischen erkannt, das Qualitätsmessungen nicht Fluch, sondern Segen sind. Sie helfen den touristischen Akteuren, ihre Qualität zu verbessern, und sie schaffenerfolgreichen Bewerbern einen nicht zu unterschätzenden Vorteil – positive Gästebewertungen sind die beste kostenlose Werbung, die sich etwa ein Ferienhausanbieter vorstellen kann“, so Klimant.

Mithilfe des so genannten TrustScores würden die Qualitätsbewertungen der wichtigsten Onlineportale im Sparkassen-Tourismusbarometer zusammengeführt. Die Metasuchmaschine werte alle Beurteilungen von Nutzern aus, die sich auf relevanten Portalen austauschten. Statistische Verfahren helfen, diese Bewertungen in ein Raster zu formen und eine Onlinereputation von 0 (maximal negativ) bis 100 (maximal positiv) abzubilden. So werde durch den TrustScore auf einen Blick klar, wie gut beziehungsweise schlecht ein Betrieb bewertet worden sei.

„Die Gästezufriedenheit lag Schleswig-Holstein-weit 0,5 Punkte über dem Bundesdurchschnitt von 80,3. Gegenüber den Vorjahren
ist das eine deutliche Verbesserung der Onlinereputation. Besonders zufrieden sind die Gäste an der Nordsee – die liegt hinter sieben bayerischen Regionen auf Platz 8 in Deutschland. Die Ostsee findet sich im Mittelfeld wieder, und einen großen Sprung haben die Holsteinische Schweiz und das übrige Binnenland gemacht“, erklärte Klimant.

Professioneller Umgang mit Gästebewertungen

Den Zahlen aus dem Sparkassen-Tourismusbarometer sei auch noch etwas anderes zu entnehmen: In punkto Qualitätsentwicklung sei die direkte Konkurrenz aus Mecklenburg-Vorpommern immer noch knapp vorn, und die Spitzenreiter aus Bayern hätten ihren Vorsprung sogar ausbauen können. „Wir ermuntern unsere Mitglieder deshalb, sich der Möglichkeiten dieser Bewertungen offensiv zu bedienen“, rät Klimant. „Kundenbewertungen im Internet sind nicht nur eine digitale Visitenkarte, sondern auch kostenlose
Marktforschung und eine Möglichkeit, noch vorhandene Schwächen zu erkennen und die Servicequalität zu optimieren.“

Der TVSH empfiehlt deshalb, attraktive Profile auf Bewertungsportalen anzulegen und zu pflegen, eigene Bewertungen zu überwachen, auszuwerten und professionell auf diese zu reagieren. Darüber hinaus sollen Kunden und Besucher offensiv zur
Bewertung aufgefordert und dieses Feedback für das eigene Marketing genutzt werden.

Die steigende Bedeutung individueller und subjektiver Bewertungen bedeute im Übrigen nicht, dass die klassischen Zertifizierungssysteme und Qualitätssiegel keine Bedeutung mehr hätten – im Gegenteil: „Die beiden Ansätze schließen einander nicht aus, sondern sind eine wertvolle Ergänzung. Die Hotelklassifizierung durch die DEHOGA, das Gästehaus-Klassifizierungssystem von DEHOGA und Deutschem Tourismusverband (DTV), die Bewertung von Ferienhäusern und -wohnungen durch den DTV und weitere Themenlabel schaffen nach wie vor Standards und geben dem Gast Orientierung. Ohne diese wird es auch zukünftig nicht gehen. Was die Branche in der nahen Zukunft leisten muss, ist die Zusammenführungen klassischer und digitaler Systeme“, fasste Klimant die Herausforderungen zusammen.

Umsetzung noch uneinheitlich

Laut Sparkassen-Tourismusbarometer werde das bislang jedoch uneinheitlich umgesetzt. Während die Hotellerie nach wie vor auf zertifizierte Qualität setze, sendeten die Vermieter von Ferienwohnungen, Ferienhäusern und Zimmern weniger qualitätsbewusste Signale. Auch in Schleswig-Holstein lasse sich diese Entwicklung beobachten: 2014 wurden 118 Betriebe weniger als noch im Vorjahr klassifiziert. Die Zahlen in den Regionen seien dabei uneinheitlich – den stärksten Rückgang verzeichneten die Holsteinische
Schweiz mit 37,7 Prozent; auch an der Nordsee und im übrigen Schleswig-Holstein nahm die Zahl der zertifizierten Häuser ab.

Positive Signale hingegen kamen von der Ostsee, an deren Küste die Zahl der neu klassifizierten Ferienunterkünfte sogar zunahm. „Wir können nicht abschließend erklären, woran genau das festzumachen ist. Was wir jedoch wissen ist: Eine Kombination aus klassischer Zertifizierung und digitaler Bewertung ist für jeden einzelnen Betrieb zielführend. Portale wirken eher nach außen, Klassifizierungen setzen ganz konkret den Hebel bei Angebots- und Serviceverbesserungen an. Pilotstudien in Sachsen etwa zeigen, dass die Gästezufriedenheit bei klassifizierten und zertifizierten Betrieben höher ist“, erläuterte Klimant.

Deshalb will der TVSH auch weiterhin darauf einwirken, dass an der Stellschraube der Qualitätsentwicklung gedreht werde. „Mit der
Tourismusstrategie 2020 und deren Umsetzung sind wir auf einem guten Weg. Diesen gilt es weiter zu beschreiten und dabei den Blick beständig nach links und rechts zu richten, um noch vorhandene Defizite ausgleichen und im Wettbewerb mit anderen Regionen in Deutschland bestehen zu können“, lautete sein Fazit.

www.tvsh.de 

Tags: Bundesland: Schleswig-Holstein
Destinationen: Nordsee, Ostsee