Booking.com will auf Paritätsklausel verzichten: IHA sieht das anders

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Booking.com hat bekannt gegeben, mit sofortiger Wirkung auf eine Durchsetzung seiner mit Unterkünften  in Deutschland vereinbarten sogenannten weiten Paritätsklausel zu verzichten. Damit reagiert das Unternehmen auf den Druck des Kartellamts. Doch diesem und dem Hotelverband IHA geht das nicht weit genug.

Die neue Regelung folge den kürzlich akzeptierten Vereinbarungen mit Frankreich, Italien und Schweden, heißt es seitens Booking.com. Im Interesse einer konsistenten Anwendung der abgestimmten und von den französischen, italienischen und schwedischen Wettbewerbsbehörden für verbindlich erklärten Verpflichtungszusagen werde Booking.com deshalb seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie sonstigen Verträge mit deutschen Unterkünften spätestens zum 1. Juli 2015 entsprechend anpassen.

Dies bedeute, dass deutsche Hotels sowie deren Übernachtungsgäste von denselben Verbesserungen profitierten wie Verbraucher und Hotelbetreiber in Frankreich, Italien und Schweden. Nach den neuen Regeln werde Booking.com im Verhältnis zu anderen Online-Hotelbuchungsportalen die bislang verlangte Preis-, Verfügbarkeits- und Konditionenparität aufgeben. Diese Maßnahme erhöhe die Markttransparenz und intensiviere damit zugleich den Wettbewerb zwischen Online-Hotelbuchungsportalen. Denn es sei zu erwarten, dass Unterkunftsbetreiber in dem geänderten Umfeld ihre Übernachtungspreise und sonstigen Konditionen (z. B. kostenlose Stornierung, WLAN, Frühstück) je nach Online-Hotelbuchungsportal differenzieren würden. Von dieser neuen Regelung würden nicht zuletzt auch die Verbraucher profitieren.

Booking.com beabsichtigt nach eigenen Angaben, diese Verpflichtungszusagen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum umzusetzen, und arbeite zu diesem Zweck mit den drei genannten sowie auch mit allen übrigen nationalen Wettbewerbsbehörden zusammen. Booking.com strebe eine branchenweite Lösung an, die von allen wesentlichen Onlinehotelbuchungsportalen und den europäischen Wettbewerbsbehörden akzeptiert wird.

Der Hotelverband Deutschland (IHA) übt scharfe Kritik an dem Vorstoß von Booking.com. Das Unternehmen missachte damit die Abmahnung des Bundeskartellamtes. Aus Sicht des IHA wolle Booking.com auch zukünftig seine deutschen Hotelpartner zwingen, auf der Hotelhomepage keinesfalls günstigere Preise als auf dem Online-Buchungsportal anzubieten. Damit wolle Booking.com die jüngst gegenüber den Kartellbehörden in Schweden, Frankreich und Italien abgegebenen Selbstverpflichtungszusagen zur Verwendung von Meistbegünstigungsklauseln auch auf Deutschland ausweiten. „Mit diesem Vorgehen missachtet Booking.com in krasser Weise die erst am 2. April 2015 ergangene Abmahnung des deutschen Bundeskartellamtes, das diese von Booking.com angebotenen Deals als eindeutig unzureichend eingestuft hat. Ebenso setzt sich Booking.com mit diesem Vorgehen über die einschlägige Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hinweg“, kritisiert Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbandes Deutschland (IHA).

„Als der Marktstärkere versucht Booking.com mit dem Brecheisen für sich vorteilhafte Regelungen gegenüber der Hotellerie durchzusetzen und ignoriert Rechtsprechung und Kartellamtsentscheidungen. Wir sind zuversichtlich, dass das deutsche Bundeskartellamt diese Wild-West-Methoden nicht akzeptieren wird“, erklärt Luthe. „Für Hotels in Deutschland hat die Ankündigung von Booking.com somit rechtlich betrachtet keinerlei Relevanz und dient einzig und allein dem Zweck, Unsicherheit und Verwirrung bei in- und ausländischen Hotelpartnern zu stiften.“

Die vorgeschlagenen Selbstverpflichtungen der Priceline-Tochter sähen vor, die Best-Preis-Klausel nicht mehr in Bezug auf andere Vertriebsportale einzufordern. Auch Verfügbarkeits- und Konditionenparität bezüglich anderer Portale wolle Booking.com aufgeben. Die Online-Vertriebskanäle der Hotels sollen allerdings weiterhin den Paritätsklauseln unterliegen, so dass der Hotelier auf seiner eigenen Website keine besseren Konditionen bieten dürfe als bei Booking.com. Das Hotel dürfe dort sogar nicht einmal über günstigere Preise auf anderen direkten Buchungskanälen informieren.

„Die deutsche sowie die europäische Hotellerie weigert sich, solche Einschränkungen ihrer unternehmerischen Freiheit bei der Gestaltung von Preisen und Konditionen zu akzeptieren. Sie lässt sich vom marktführenden Online-Buchungsportal auch nicht in der Wahl ihrer Kommunikationskanäle auf Medien des 20. Jahrhunderts wie Telefon, Telefax oder Brieftaube einschränken“, weist Luthe auf die Paradoxie des Vorgehens hin. „Wir sind vielmehr weiterhin der klaren Meinung, dass jegliche Art von Paritätsklauseln grundsätzlich wettbewerbswidrig und zu untersagen sind.“

Die von den Kartellbehörden in Frankreich, Italien und Schweden am 21. April 2015 angenommenen „Selbstverpflichtungszusagen“ von Booking.com seien zudem noch nicht rechtskräftig. Darüber hinaus erklärte am 7. Mai 2015 das Handelsgericht in Paris Best-Preis-Klauseln von Expedia für nichtig; ebenso sei ein Verfahren gegen die Paritätsklausen von Booking.com beim französischen Handelsgericht noch anhängig. „Es sieht nicht so aus, als sei den dortigen Zugeständnissen, die von Booking.com jetzt auch einseitig auf Deutschland ausgedehnt werden sollen, ein besonders langes Mindesthaltbarkeitsdatum beschieden“, zeigt sich Luthe zuversichtlich.

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